
Das Gehirn des Menschen hat eine bemerkenswerte Energieeffizienz, trotz seines hohen Energieverbrauchs. Laut einem Forschungsbericht der Universität Bonn verbraucht das Gehirn etwa 20% der gesamten Körperenergie, obwohl es nur rund 2% des Körpergewichts ausmacht. Dieser überraschend hohe Energiebedarf resultiert aus der Notwendigkeit, elektrische und chemische Signale für die Kommunikation zwischen Nervenzellen aufrechtzuerhalten.
Ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Tatjana Tchumatchenko untersucht die Energiesparstrategien von Nervenzellen. Es wurde festgestellt, dass neuronale Funktionen strengen Energiebeschränkungen unterliegen, was einen hohen zellulären Energieaufwand für die Synthese und den Abbau neuronaler Moleküle erfordert. Neurone sind auf Proteine angewiesen, die durch einen komplexen Prozess der Genexpression gebildet werden. Dieser Prozess umfasst die Herstellung von mRNA-Kopien und deren anschließende Übersetzung in Proteine.
Genexpression und ihre Bedeutung
Die Genexpression ist ein vielschichtiger Prozess, der entscheidend für die Regelung der Proteinherstellung im Körper ist. Sie bestimmt, welche Proteine in welchem Zelltyp, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Menge produziert werden. Es gibt konstitutive Gene, die konstant exprimiert werden, wie die für den Energiestoffwechsel, und fakultative Gene, deren Expression nach Bedarf reguliert wird. Diese differenzielle Genexpression ist essenziell für die Spezialisierung verschiedener Zelltypen im Körper.
In der Forschung zeigt sich, dass die energetischen Kosten für die Synthese, den Transport und den Abbau von Molekülen direkt deren räumliche Lokalisierung beeinflussen. Dies bedeutet, dass für proteinsynthetische Prozesse strategische Entscheidungen getroffen werden, um Energie zu sparen. Jüngste Erkenntnisse verdeutlichen, dass kurzlebige Proteine nicht im Zellkörper, sondern bevorzugt in Dendriten synthetisiert werden sollten, um Energieverschwendung zu vermeiden.
Der hohe Energiebedarf des Gehirns
Die Untersuchung des hohen Energiebedarfs des Gehirns wurde auch von Wissenschaftlern des Weill Cornell Medical College angegangen. Diese Studie, geleitet von Camila Pulido und Timothy Ryan, zeigt, dass Synapsen – die Verbindungsstellen zwischen Nervenzellen – erheblich zum Energieverbrauch beitragen. Synapsen benötigen auch im Ruhezustand Energie, da ihre Membranen ständig Protonen verlieren, was einen kontinuierlichen Energieaufwand erfordert.
Es wurde festgestellt, dass etwa 44% des ATP-Verbrauchs in ruhenden Synapsen auf den Verlust von Protonen zurückzuführen sind, der durch die V-ATPase ausgeglichen werden muss. Angesichts der Tatsache, dass Hundert Billionen von Synapsen im menschlichen Gehirn existieren, ist der hohe Grundumsatz des Gehirns im Vergleich zu anderen Geweben und die Anfälligkeit der Nervenendigungen gegenüber Versorgungsengpässen leicht verständlich.
Insgesamt erweitern die aktuellen Forschungsergebnisse unser Verständnis der Organisationsprinzipien der Genexpression und der Energiesparstrategien von Nervenzellen und liefern wertvolle Einblicke in die Funktionsweise des menschlichen Gehirns.