
Teilchenphysiker*innen der Universität Siegen sind aktiv am ATLAS-Experiment am CERN in Genf beteiligt, einem der zentralen Projekte in der modernen Physik. Über 3.000 Wissenschaftler*innen aus 38 Ländern arbeiten zusammen, um die Geheimnisse der Elementarteilchen zu ergründen, die durch Protonenkollisionen im leistungsfähigsten Teilchenbeschleuniger der Welt, dem Large Hadron Collider (LHC), entstehen. Dieser beschleunigt Protonen mit einer Schwerpunktsenergie von 14 Teraelektronenvolt (TeV) und ermöglicht Kollisionen alle 250 Nanosekunden, die von zwei Hauptdetektoren – ATLAS und CMS – aufgezeichnet werden. Wie uni-siegen.de berichtet, ist der ATLAS-Detektor, der sich etwa 100 Meter unter der Erde befindet, mit einer Größe vergleichbar mit der Kirche Notre Dame in Paris.
Die geplante technische Aufrüstung des ATLAS-Detektors beginnt Ende 2026. Im Zuge dessen wird die Detector-Elektronik überarbeitet, und rund 300 neue Pixel-Detektormodule werden in einem Reinraum am Siegener Emmy-Noether-Campus gefertigt. Diese Module werden in den Detektor eingebaut und sollen die analytischen Möglichkeiten erheblich verbessern. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die präzisen Messungen und die Identifizierung neuer physikalischer Phänomene während der „High Luminosity Phase“, die ab 2030 erwartet wird, zu ermöglichen. Während dieser Phase sollen die Protonenkollisionen um das Zehnfache ansteigen, was zu einer Vielzahl neuer Forschungsansätze führen könnte.
Higgs-Boson und andere Forschungsrichtungen
Besonders bedeutend ist die Suche nach dem Higgs-Boson, dessen Entdeckung durch das ATLAS-Experiment am 4. Juli 2012 weltweit für Aufsehen sorgte. Diese Entdeckung bestätigte das Higgs-Feld, das für die Masse der Elementarteilchen verantwortlich ist. Die laufenden Forschungen am ATLAS-Detektor zielen darauf ab, die Wechselwirkungen zwischen Higgs-Bosonen und Materieteilchen zu untersuchen. Die Suche umfasst einen breiten Massenbereich von etwa 1140 GeV bis 10 TeV, und ATLAS ist in der Lage, Higgs-Bosonen über ihren Zerfall in Vektorbosonen nachzuweisen, was die Signifikanz der angepeilten Ergebnisse steigert. Eine Vielzahl möglicher Entdeckungen wartet auf die Wissenschaftler, da auch supersymmetrische Teilchen wie Squarks und Gluinos am LHC erzeugt werden könnten, die neue Perspektiven auf die Physik jenseits des Standardmodells eröffnen.
Die Forschung an der Universität Siegen hat sich daher nicht nur mit der Analyse von Higgs-Boson-Ereignissen beschäftigt, sondern auch mit der Untersuchung von hypothetischen Teilchen, die als Erklärungsversuche für Dunkle Materie fungieren können. Die Siegener Arbeitsgruppe zählt international zu den führenden Akteuren in der Top-Quark-Physik, worauf die regelmäßigen Veröffentlichungsergebnisse deutlich hinweisen, wobei jährlich etwa 120.000 auswertbare Ereignisse für Top-Quark-Zerfälle erwartet werden.
Forschung und Förderung
Zusätzlich zur Beteiligung am ATLAS-Experiment engagiert sich die Universität Siegen in der Exzellenz-Initiative „Color meets Flavor“, in Zusammenarbeit mit den Universitäten Bonn und Dortmund sowie dem Forschungszentrum Jülich. Der Antrag für diesen Exzellenzcluster ist bereits in der Endrunde eines deutschen Forschungswettbewerbs, und die Forschung wird finanziell vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt, das dafür 2,1 Millionen Euro zur Verfügung stellt.
Die Entwicklungen am LHC und der damit verbundene Fortschritt in der Teilchenphysik stehen im Fokus der internationalen Wissenschaftsgemeinschaft. Dennoch gibt es Stimmen in der Branche, die auf mögliche Stagnationen in den Entdeckungen hinweisen. Fachleute erhoffen sich dennoch neue Erkenntnisse durch die anstehenden Experimente, die auch potenziell zu unerwarteten Eigenschaften bekannter Teilchen führen könnten. So bleibt abzuwarten, welche neuen Erkenntnisse der LHC und das ATLAS-Experiment in der nahen Zukunft liefern werden. Das ist nicht nur für die Grundlagenforschung bedeutend, sondern könnte auch neue Technologien hervorbringen, die bereits in Bereichen wie der Medizin Anwendung finden, wie in dem Bericht von forschung-und-lehre.de hervorgehoben wird.