
Der Cum-Ex-Steuerskandal bleibt ein zentrales Thema in der deutschen Justiz, während die drohende Verjährung in mehreren Verfahren drängt. Laut Dewezet sind in der Kölner Staatsanwaltschaft 34 von über 130 Verfahren von Verjährung betroffen. Rund 1700 Beschuldigte sind in die komplexen Ermittlungen verwickelt. Obwohl bislang keine der betroffenen Klagen eingestellt wurde, müssen bei einzelnen Beschuldigten Vorwürfe fallengelassen werden.
Die Ermittlungen beziehen sich auf einen Zeitraum von 2006 bis 2011, in dem der Steuerbetrug dem deutschen Staat einen zweistelligen Milliardenbetrag kostete. Besonders erschütternd ist, dass viele Verjährungen vor Dezember 2020 eingetreten sind, als die Verjährungsfrist für schwere Steuerhinterziehungen von zehn auf 15 Jahre verlängert wurde. Diese neue Frist läuft in vielen Fällen Ende 2025 ab. Allerdings kann die Staatsanwaltschaft die Verjährung unterbrechen, was sich jedoch als herausfordernd erweist.
Hinweise auf die Rolle von Kronzeugen
Ein bemerkenswerter Fall im Rahmen der Cum-Ex-Ermittlungen konzentriert sich auf den Angeklagten Kai-Uwe Steck, der als Kronzeuge fungiert. Der Prozesstermin am Landgericht Bonn im November 2024 weist auf seine schweren Vorwürfe hin. Seit 2007 und bis 2015 soll er in acht Fällen besonders schwere Steuerhinterziehung begangen haben, wobei ein geschätzter Schaden von 428 Millionen Euro für die Staatskasse entstanden ist. Steck, der selbst 28 Millionen Euro erhalten haben soll, hat bereits die Taten gestanden und plant, sein Geständnis zu wiederholen. Seine Verteidigung übt scharfe Kritik an der Staatsanwaltschaft, die den Vorwurf einer „schäbigen“ Behandlung zurückweist, wie Tagesschau berichtet.
Steck, der 2022 seine Bereitschaft zur Rückzahlung von 50 Millionen Euro erklärte, hat bislang 11 Millionen Euro zurückgezahlt. Banken und Finanzfirmen fordern sogar eine Milliarde Euro Schadensersatz von ihm. Seine Aussagen belasteten Partnerschaften, insbesondere die seines ehemaligen Mentors Hanno Berger, der bereits zu acht Jahren Haft verurteilt wurde.
Der Druck auf die Politik und Justiz
Die Aufklärung des Skandals wird entscheidend von der politischen und juristischen Willensbildung beeinflusst. Anne Brorhilker, ehemalige Staatsanwältin und Co-Geschäftsführerin der Bürgerbewegung Finanzwende, machte auf die Mängel in der Aufklärung aufmerksam. In einem Interview äußerte sie, dass der politische Wille zur Bekämpfung solcher Verbrechen oft fehle. Brorhilker fordert die Einrichtung eines zentralen Ermittlungs-Teams auf Bundesebene, um Steuer- und Finanzkriminalität effektiver zu bekämpfen.
Die Dimension des Schadens durch Cum-Ex wird konservativ auf etwa 10 Milliarden Euro geschätzt, während der durch Cum-Cum begangene Betrug sogar bei 28,5 Milliarden Euro liegt. Bisher konnten lediglich rund eine Milliarde Euro aus Cum-Ex zurückgeholt werden. Die Bedeutung der Aufklärungsarbeit hat Brorhilker unterstrichen: Sie will das Bewusstsein für Finanzkriminalität in der Öffentlichkeit schärfen und Stolpersteine durch die Lobby der Finanzmärkte überwindbar machen, so FR.de.
Die Kölner Staatsanwaltschaft ist mit 39 Stellen und 36 besetzten Posten relativ gut aufgestellt, hat jedoch seit 2019 nur 12 Anklagen erhoben, die meist in Verurteilungen mündeten. Dennoch sind weitere Anklagen in Vorbereitung, und die Strafverfolgung könnte sich bis in die nächste Dekade ziehen. Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach betont, dass die Rückholung rechtswidrig erlangter Vermögen von entscheidender Bedeutung sei.