
In Georgien ist die Lage angespannt, nachdem die Polizei am vergangenen Sonntag eine erhebliche Anzahl von Protestierenden, darunter prominente Oppositionsführer, festgenommen hat. Die Demonstrationen in Tbilisi sind Teil einer Reihe von pro-demokratischen Protesten, die seit November 2024 zunehmen. Die Teilnehmer der kurzfristig organisierten Rallye werfen der regierenden Georgia Dream Party Wahlbetrug bei den Parlamentswahlen im Oktober 2024 vor und kritisieren die Verschärfung autoritärer Gesetze.Al Jazeera berichtet, dass Tausende von Menschen auf der Nordseite von Tbilisi eine Straße blockierten und ihre Unzufriedenheit mit der derzeitigen Regierung zum Ausdruck brachten.
Unter den Festgenommenen befand sich Nika Melia, der Anführer der Coalition for Change und ehemaliger Bürgermeister Gigi Ugulava. Melia wurde wegen eines Verwaltungsdelikts in Gewahrsam genommen, jedoch später gegen Kaution freigelassen, nachdem er zugesichert hatte, vor Gericht zu erscheinen. Während seiner Inhaftierung klagte er über Misshandlungen. Auch das Innenministerium hatte im Vorfeld gewarnt, dass das Blockieren der Autobahn als Straftat galt. Immer wieder wird von Berichten über Gewaltanwendung durch die Polizei während der Proteste berichtet, die von der Berichterstattung des Fernsehsenders Pirveli dokumentiert wurden, in denen Polizisten die festgenommenen Protestierenden brutal behandelten.
EU-Mitgliedschaft und politische Spannungen
Der Unmut der Demonstrierenden ist eng verknüpft mit der Entscheidung der georgischen Regierung, die Beitrittsgespräche zur Europäischen Union bis Ende 2028 zu verschieben. Ministerpräsident Irakli Kobachidse führte dies als Reaktion auf die von der EU geforderten Kriterien an, die er als Erpressung bezeichnete. Diese Entscheidung warf Fragen zur legitimen Regierungsführung auf und verstärkte den Eindruck, dass der Kurs Georgiens bezüglich einer engeren Anbindung an die EU im Widerspruch zu einer stärkeren Annäherung an Russland steht. Viele Georgier haben die Wahlen von Oktober 2024 als Referendum über die EU-Integration wahrgenommen,berichtet die Tagesschau.
Die Oppositionsparteien werfen der Regierung vor, durch massive Repression gegen friedliche Proteste und durch die Verschiebung der EU-Beitrittsverhandlungen einen „konstitutionellen Putsch“ gegen die Menschenrechte zu begehen. Präsidentin Salome Surabischwili äußerte sich stark gegen die Entwicklungen und warnte davor, dass Georgien seine Unabhängigkeit an Russland verlieren könnte. Sie hat die Wahlergebnisse vor dem Verfassungsgericht angefochten, da rechtliche Experten den aktuellen Parlamententscheidungen die Gültigkeit absprechen, bis das Gericht eine endgültige Entscheidung getroffen hat.
Internationale Reaktionen
Die Situation in Georgien bleibt nicht ohne internationale Aufmerksamkeit. Kaja Kallas, die EU-Außenministerin, verurteilte die brutale Vorgehensweise der Polizei gegen die Protestierenden als „inakzeptabel“. Die EU hat zudem die visafreie Reise für georgische Diplomaten aufgrund der repressiven Maßnahmen gegen friedliche Demonstrationen ausgesetzt. Diese Entwicklungen verstärken die bereits bestehenden Spannungen zwischen der georgischen Regierung und dem Westen und lassen Zweifel aufkommen, ob Georgien auf dem Weg zur europäischen Integration ist, der 2017 in der Verfassung verankert wurde. Trotz der Herausforderungen setzen die Protestierenden ihre Bemühungen fort, die Regierung zur Verantwortung zu ziehen und eine Rückkehr zu einem proeuropäischen Kurs zu fordern.
Zusammenfassend stehen die Georgier in einer kritischen juncture, an der das Streben nach Demokratie und europäischer Integration mit repressive Maßnahmen seitens der Regierung kollidiert. Die Entwicklung der nächsten Wochen wird entscheidend dafür sein, ob Georgien den proeuropäischen Weg fortsetzen oder einen anderen Kurs einschlagen wird.