
Ein internationales Forschungsteam, zu dem auch die Universität Göttingen gehört, hat die menschlichen Überreste aus der Maszycka-Höhle in Südpolen untersucht. Die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Arbeit wurden in der Fachzeitschrift Scientific Reports veröffentlicht. Besonders alarmierend sind die festgestellten Manipulationsspuren an den Überresten, die auf eine systematische Zerlegung und gar auf Kannibalismus hinweisen. Die Maszycka-Höhle, die als bedeutende Fundstätte aus der späten Altsteinzeit gilt, birgt zahlreiche Funde, die bisherige Kenntnisse zur kulturellen Entwicklung vergangener Gesellschaften erweitern.
Die Maszycka-Höhle befindet sich im Nationalpark Ojców, etwa 20 Kilometer nördlich von Krakau. Sie liegt am linken Hang des Flüsschens Prądnik, einem Zufluss zur Weichsel und ist bekannt für ihre vielfältigen archäologischen Schätze. Die ersten Ausgrabungen fanden zwischen 1883 und 1884 unter der Leitung von Gotfryd Ossowski statt, wobei mittlerweile Steinwerkzeuge und menschliche Knochenfragmente in großer Zahl entdeckt wurden.
Kulturelle Verbindungen zur Magdalénien-Epoche
Die Höhle ist nicht nur für ihre fündigen Schätze bekannt, sondern stellt auch eine Verbindung zur Magdalénien-Epoche dar. Diese Periode, die ca. von 19.000 bis 12.000 v. Chr. reicht, ist durch eine nomadisierende Lebensweise gekennzeichnet und beinhaltete die Jagd auf große Herden. Die wirtschaftlichen Aktivitäten dieser Zeit umfassten unter anderem das Wildpferd und Rentiere, während das Mammut zunehmend ausgerottet wurde und in osteuropäische Gebiete abgedrängt wurde. Die Materialkultur dieser Epoche ist facettenreich und wird durch kunstvolle Steinwerkzeuge sowie bemerkenswerte Höhlenmalereien charakterisiert, die in vielen Fundstätten, wie etwa Lascaux und Altamira, zu finden sind.
Die aktuellen Forschungen zu den menschlichen Überresten in der Maszycka-Höhle ergaben, dass insgesamt 63 Knochen von zehn Individuen aus einer Zeit vor 18.000 Jahren untersucht wurden. Besonders aufschlussreich sind die 36 identifizierten Schnittspuren, die auf eine Zerlegung nach dem Tod hinweisen. Verblüffend ist, dass diese Spuren sowohl an Schädelfragmenten als auch an zerschlagenen langen Knochen, die zur Gewinnung von Knochenmark dienten, gefunden wurden.
Hinweise auf Gewaltkannibalismus
Die Forschungsergebnisse lassen darauf schließen, dass es sich möglicherweise um Gewaltkannibalismus handelt, der nicht aus einer existenziellen Notwendigkeit heraus, sondern aufgrund von Konflikten um Ressourcen und Territorien stattfand. Diese Konflikte sind nach dem Kältemaximum der letzten Eiszeit belegt und zeigen, dass es in der Region zu einem respektlosen Umgang mit menschlichen Überresten kam, da diese in der Höhle mit Siedlungsabfällen vermischt wurden.
Zusammengefasst zeigen die Funde aus der Maszycka-Höhle die vielschichtige Geschichte der spätpaläolithischen Gesellschaften und erweitern unser Verständnis der kulturellen Dynamiken sowie der gruppendynamischen Prozesse in dieser Zeit. Die weiteren Forschungen werden dazu beitragen, die Gesellschaftsstrukturen und Lebensbedingungen der frühen Menschen besser zu verstehen.
Durch die detaillierten Analysen und die Einordnung in einen größeren Kontext wird die Bedeutung dieser Fundstätte für die paläoanthropologische Forschung einmal mehr unterstrichen. Die kommenden Jahre könnten daher entscheidend sein für das Verständnis der menschlichen Evolution und der kulturellen Entwicklungen im Jungpaläolithikum.
Für weitere Informationen über die Erkenntnisse aus der Maszycka-Höhle und die Bedeutung der Magdalénien-Epoche sei auf die Quellen verwiesen: Universität Göttingen, Wikipedia, Herder.