
Im Herzen Deutschlands liegt ein bemerkenswertes Dorf namens Reine, das sich über zwei Bundesländer erstreckt. Es gehört zur Hälfte zu Nordrhein-Westfalen und zur anderen Hälfte zu Niedersachsen, was es zu einem der faszinierendsten Grenzdörfer des Landes macht. Mit etwa 100 Einwohnern leben die Menschen in diesem Dorf in zwei verschiedenen Rechtsgebieten, die durch eine unsichtbare Linie getrennt sind.
Die westliche Hälfte von Reine gehört zur lippischen Gemeinde Extertal in Nordrhein-Westfalen, während die östliche Hälfte zum Flecken Aerzen in Niedersachsen zählt. Diese besondere Konstellation führt zu einer Reihe von kuriosen Gegebenheiten. So gibt es im Dorf zwei Postleitzahlen, zwei Stromkreise und sogar zwei Bürgermeister, wobei keiner der beiden bereit ist, seinen Teil des Dorfes abzugeben. Die politische Situation ist von einem gewissen Stillstand geprägt; Bürgermeister Frank Meier aus Extertal äußerte, dass er keinen Grund sieht, das Dorf zusammenzulegen, was die zerrissenen Verhältnisse zusätzlich verstärkt, wie op-online berichtet.
Logistische Herausforderungen durch die Teilung
Die Aufteilung des Dorfes hat auch praktische Auswirkungen auf das tägliche Leben der Einwohner. Es kommen zwei Müllabfuhren an unterschiedlichen Tagen in das Dorf, und der einzige Briefkasten wird von zwei Postboten aus den jeweiligen Bundesländern geleert. Dies führt zu einem vereinten, aber gleichzeitig fragmentierten Zusammenleben.
Die Polizei ist ebenfalls geteilt; es sind zwei Polizisten zuständig für Reine. Diese Regulierungen sind tief in der langen Geschichte des Dorfes verwurzelt, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Der Legende nach fand um das Jahr 1250 ein Pilger an der Stelle der heutigen Ortschaft einen Gottesdienst zwischen den Grafen von Sternberg (NRW) und von Everstein (Niedersachsen) statt. Dies führte dazu, dass die Dorfbewohner während des Gebets Rücken an Rücken standen, was die geteilte Natur ihrer Gemeinschaft verdeutlicht.
Tradition und moderne Realität
Ein weiterer Aspekt, der Reine prägt, ist der Friedhof, der sich auf westfälischem Boden befindet. Alle Einwohner des Dorfes werden dort beerdigt, unabhängig davon, zu welchem Bundesland sie gehören. Es gibt Berichte über Konflikte während des Preußisch-Österreichischen Krieges von 1866, als Dorfbewohner auf unterschiedlichen Seiten kämpften. Diese historische Trennung hat sich jedoch mit der Zeit relativiert. Viele Einwohner zeigen heute nur noch begrenztes Interesse an der Grenze, wie WDR berichtet.
Inmitten dieser einzigartigen Situation gibt es jedoch auch alltägliche Herausforderungen. Während der Schulzeiten hält ein Bus aus Niedersachsen an der Grenze, wendet aber dann, ohne weiter nach Westfalen zu fahren. Dies sorgt für weiteres Beharren auf der Teilung des Ortes.
Insgesamt bleibt Reine ein symbolisches Beispiel für die Grenzen zwischen Bundesländern und die Besonderheiten des dort lebenden Menschen sowie deren tägliches Leben. Der Ort steht vielleicht im Schatten bekannterer Grenzorte in Deutschland, er verkörpert jedoch auf beachtliche Weise die Tradition der deutschen Grenzregionen. Laut Wikipedia existieren Grenzorte in Deutschland, die solch interessante Verhältnisse aufweisen. Reine ist ohne Zweifel eines der außergewöhnlichsten.