
Der Naturschutzbund (Nabu) hat alarmierende Rückgänge bei den Beständen von Singvogelarten in Niedersachsen festgestellt. Bei der jährlichen Zählung, an der rund 11.200 Bürger teilnahmen, ergaben sich deutliche Rückgänge bei fast allen Arten im Vergleich zum Vorjahr, als noch über 13.000 Teilnehmer registriert waren. Nabu-Landesvorsitzender Holger Buschmann äußerte sich besorgt über die sprunghaft negativen Bestandszahlen. Der Haussperling bleibt zwar die am häufigsten vorkommende Art, jedoch ist sein Bestand um 13 Prozent gesunken. Dramatischer ist der Rückgang bei der Amsel: Diese Art hat mittlerweile 40 Prozent ihrer Population verloren, was möglicherweise auf eine Virus-Infektion zurückzuführen ist.
Zusätzlich zeigt die Zählung einen Rückgang der Kohlmeise um 10 Prozent und der Blaumeise um 16 Prozent. Obwohl der Wintereinbruch als möglicher Faktor für die Bestandsrückgänge genannt wird, kann er die extremen Verluste von über 17 Prozent nicht vollständig erklären. Auch die Vogelgrippe wurde nicht als Hauptursache angesehen.
Ursachen für die Bestandsrückgänge
Die Ursachen für den Rückgang der Vogelbestände sind vielschichtig. Es fehlen naturnahe Gärten, artenreiche Grünflächen und Feldgehölze. Zudem ist die Intensivierung der Landwirtschaft ein wesentlicher Grund, der zusammen mit extrem nassen Witterungsbedingungen und Rückgängen bei Insektenpopulationen zu den negativen Entwicklungen beiträgt. Christian Hof von der Technischen Universität München hebt hervor, dass etwa die Migrationsmuster von Vögeln durch den Klimawandel gestört werden. Vögel, die in Südafrika überwintern, erkennen oft nicht die günstigen Bedingungen in Europa, wenn es Zeit zum Brüten ist. Dies führt dazu, dass Arten wie der Trauerschnepper und der Kuckuck zu spät eintreffen und somit bereits besetzte Nistplätze vorfinden.
Den Zusammenhang zwischen fortschreitendem Klimawandel und Vogelarten beleuchtet auch eine Studie, die belegt, dass nicht nur kälteliebende, sondern auch Zugvögel erheblich leiden. Der Verlust und die Veränderung von Lebensräumen weltweit zeigen, dass Vögel zunehmend unter der Urbanisierung und dem Verlust von Nahrungsquellen leiden. Die Studie dokumentiert gleichzeitig, dass fast die Hälfte aller Vogelarten in Nordamerika bis 2080 über 50 % ihres Lebensraums verlieren könnte, wenn keine proaktiven Schutzstrategien, wie die Wiederherstellung von Lebensräumen und klimaresistente Managementtechniken, eingeführt werden.
Notwendigkeit von Schutzmaßnahmen
Angesichts dieser alarmierenden Trends wird der Bedarf an sofortigen Schutzmaßnahmen immer deutlicher. Die Dringlichkeit, Lebensräume wiederherzustellen und Anpassungsstrategien zu entwickeln, um die ökologische Widerstandsfähigkeit zu erhalten, ist unbestreitbar. In Nordamerika haben bereits 59 Vogelarten ihr Verbreitungsgebiet in den letzten 40 Jahren um durchschnittlich 35 Meilen nach Norden verschoben, was die weitreichenden Konsequenzen des Klimawandels verdeutlicht. Ohne gezielte Maßnahmen könnten viele Arten in den kommenden Jahren drastisch bedroht sein.
Insgesamt erfordert die gegenwärtige Situation ein deutliches Umdenken und verstärkte Anstrengungen im Naturschutz. Nur durch die Verbindung von langfristigen Schutzstrategien mit der Sensibilisierung der Öffentlichkeit lässt sich die kritische Lage der Vogelbestände langfristig verbessern. Die Zeit zum Handeln ist jetzt.
Weitere Informationen zu den Rückgängen bei den Singvogelbeständen und deren Ursachen finden Sie bei Weser Kurier, während Agrarheute den Einfluss des Klimawandels auf Zugvögel thematisiert. Welche globalen Auswirkungen der Klimawandel auf Vögel hat, erläutert Sigma Earth.