
In Deutschland wurden in den vergangenen Monaten vermehrt Polioviren in Abwasserproben nachgewiesen. Unter den betroffenen Städten sind Stuttgart, Berlin, Köln, Bonn, Düsseldorf, Hamburg, München und Mainz. Diese Funde sind besonders alarmierend, da sie auf eine potenzielle Gefährdung der Bevölkerung hinweisen. ZVW berichtet, dass die positiven Tests hauptsächlich aus Klärwerken stammen, wobei die Proben in Stuttgart bereits Anfang Dezember 2024 und in Berlin Anfang November 2024 entnommen wurden.
Die Nachweise betreffen jedoch nicht den Wildtyp des Poliovirus, sondern Erreger, die von der Schluckimpfung mit abgeschwächten Vakzinen stammen. Solche Impfviren können bis zu sechs Wochen lang von geimpften Personen ausgeschieden werden und dabei unzureichend geimpfte Menschen gefährden. Besonders besorgniserregend ist, dass die Schluckimpfung in Deutschland nicht mehr verwendet wird, was die Verbreitung des Virus in der Bevölkerung potenziell beeinflussen könnte.
Internationale Funde und mögliche Ursachen
In Europa sind ebenfalls Polioviren in verschiedenen Ländern nachgewiesen worden, darunter Spanien, Polen, Großbritannien und Finnland. In Spanien und Finnland war jeweils eine von fünf und zwei Probeentnahmestellen betroffen. In Polen waren zwei von acht und in Großbritannien vier von zwölf Probeentnahmestellen positiv. Die Erreger, die in diesen Ländern gefunden wurden, sind genetisch miteinander verbunden, was auf eine gemeinsame Quelle hinweist berichtet InFranken.
Die Wissenschaftler vermuten, dass die Viren aus Ländern kommen, in denen die Schluckimpfung weiterhin eingesetzt wird, insbesondere in Afrika und Asien. So bleibt unklar, ob die Funde in Deutschland auf eine Einschleppung aus dem Ausland oder auf eine heimische Übertragung zurückzuführen sind. Verdachtsfälle von Poliomyelitis selbst sind bisher nicht bekannt.
Impfung und Schutz in Deutschland
Das Robert Koch-Institut (RKI) hat bereits im November 2024 erstmals über diese Nachweise informiert. Die letzte große Entdeckung in Deutschland erfolgte Mitte Dezember 2024 in Städten wie Köln, Bonn und Düsseldorf. Aktuelle Ergebnisse aus Proben, die nach dem Jahreswechsel entnommen wurden, stehen allerdings noch aus.
Poliomyelitis ist eine hochansteckende Erkrankung, die zu dauerhaften Lähmungen oder sogar zum Tod führen kann. Der Hauptübertragungsweg ist verunreinigtes Wasser, und es gibt keine spezifische Therapie gegen die Krankheit. Das RKI betont, dass auch gebietsweise poliofreie Regionen nicht vor einem Wiedereintrag des Virus geschützt sind. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt, dass Kinder im ersten Lebensjahr drei Dosen des Impfstoffes erhalten und zwischen dem 9. und 16. Lebensjahr eine Auffrischungsimpfung erhalten. Aktuelle Daten zeigen, dass in Deutschland nur 21 Prozent der Einjährigen vollständig gegen Poliomyelitis geimpft sind; bei den zwei Jahre alten Kindern liegt der Wert bei 77 Prozent. Versäumte Impfungen sollten schnellstmöglich nachgeholt werden, um einen ausreichenden Schutz zu gewährleisten.