
Neue Forschungsergebnisse zu Wilms-Tumoren, einer häufigen Form von Nierenkrebs bei Kindern, wurden kürzlich veröffentlicht. In Deutschland erkranken jährlich etwa 100 Kinder unter fünf Jahren an dieser Krebsart, die oftmals durch spontane genetische Veränderungen während der Entwicklung im Mutterleib verursacht wird. Allerdings zeigen Untersuchungen, dass ein Teil der Fälle auch auf genetische Veranlagungen zurückzuführen ist, insbesondere durch sogenannte Keimbahnmutationen. Diese Erkenntnisse stammen von einem Forschungsteam der Julius-Maximilians-Universität Würzburg in Zusammenarbeit mit dem Wellcome Sanger Institute, dem Cambridge University Hospitals NHS Foundation Trust und dem Great Ormond Street Hospital, die in der Fachzeitschrift Cancer Discovery veröffentlicht wurden. Uni Würzburg berichtet, dass traditionelle Diagnosetechniken viele genetische Veranlagungen übersehen, was dazu führt, dass mehr als 10 % der betroffenen Kinder möglicherweise eine genetische Prädisposition aufweisen.
Die vorliegende Studie analysierte genetische Unterschiede bei 137 Kindern mit Wilms-Tumor und identifizierte verschiedene genetische Veranlagungen sowie strukturelle Chromosomenveränderungen, die zur Tumorbildung beitragen können. Ein besonderes Augenmerk liegt auf Mutationen im WT1-Gen, die zu einer eigenständigen Untergruppe von Tumoren führen. Genexpressionsmuster und DNA-Methylierung zeigen genetisch definierte Untergruppen, was ein vielversprechender Ansatz für individuell zugeschnittene Behandlungspläne ist, um die Nebenwirkungen zu minimieren.
Genetische Entdeckungen und deren Bedeutung
Zusätzlich wurde eine neue Untersuchung veröffentlicht, die von einem Team um Professor Manfred Gessler und Kollegen am Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg durchgeführt wurde. Diese Forschung identifiziert molekulare Ursachen von Wilms-Tumoren und erweitert das Wissen über die genetischen Auslöser dieser Erkrankung. Bisher waren vor allem drei Gene als mögliche Auslöser bekannt, jedoch zeigen neue Studien, dass auch Mutationen in den Genen DROSHA und DGCR8 eine Rolle spielen, indem sie die Bildung von microRNA beeinträchtigen. Dies führt dazu, dass Nierenvorläuferzellen nicht vollständig ausreifen und in einem embryonalen Zustand verbleiben. Weitere Transkriptionsfaktoren, die eine wichtige Rolle in Wilms-Tumoren spielen, sind SIX1 und SIX2, welche ebenfalls mutiert sind. Krebs Nachrichten hebt hervor, dass die Inaktivierung des Tumorsuppressor-Gens TP53 zu dramatischen Genomveränderungen führt, die eine ungünstige Prognose mit sich bringen.
Cirka 90 % der Kinder mit Wilms-Tumor überleben dank einer Kombination aus Chemotherapie, Operation und erneuter Chemotherapie. Die aktuellen genetischen Erkenntnisse könnten nicht nur die Klassifikation der Tumoren verbessern, sondern auch dazu beitragen, Hochrisiko-Tumoren frühzeitig zu erkennen und intensiver zu behandeln.
Empfehlungen für genetische Diagnostik
Im Kontext der genetischen Diagnostik bei onkologischen Erkrankungen wurde von der Heidelberger Gruppe EURAT eine Stellungnahme veröffentlicht, die ethische und rechtliche Aspekte der genetischen Untersuchungen bei minderjährigen Patienten beleuchtet. Diese Studie zeigt, dass genomweite Untersuchungen mittlerweile fast Standard sind und vielen Patienten zugutekommen. Fortschritte in der Sequenziertechnologie ermöglichen umfassende Genomanalysen, die für die Diagnostik von großer Bedeutung sind. NCT Heidelberg stellt fest, dass die Identifikation von Zusatzbefunden, die nicht die Primärbefunde sind, eine Herausforderung darstellt, und hat fünf Kategorien von Zusatzbefunden definiert. Je nach Schwere der Zusatzbefunde gibt EURAT differenzierte Empfehlungen ab, die unter anderem die sofortige Mitteilung von akuten Gefahren sowie den Umgang mit langfristigen Ergebnissen für einwilligungsfähige Minderjährige umfassen.
Die bedeutenden Fortschritte in der Forschung und die Empfehlungen zur genetischen Diagnostik zeigen, wie wichtig es ist, betroffenen Familien maßgeschneiderte Informationen und Handlungsempfehlungen zur Verfügung zu stellen. Ziel ist es, sowohl die Weichen für individualisierte Behandlungsansätze bei Wilms-Tumoren zu stellen als auch die Aufklärung über genetische Risiken und Möglichkeiten zu verbessern.