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Neue Adipositas-Diagnose: Experten fordern Umdenken für Gesundheit!

Forschende der TU Dresden präsentieren am 16. Januar 2025 in London einen neuen Ansatz zur Adipositas-Diagnostik, der über den BMI hinausgeht und personalisierte Therapieoptionen fordert.

Am 16. Januar 2025 hat eine internationale Kommission für klinische Adipositas, an der auch Forschende der TU Dresden vom Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD) beteiligt sind, in London einen neuen Ansatz zur Diagnostik von Adipositas vorgestellt. Diese Neugestaltung, die in einem Artikel bei ‚The Lancet Diabetes & Endocrinology‘ veröffentlicht wird, legt den Fokus nicht mehr ausschließlich auf den Body-Mass-Index (BMI), sondern berücksichtigt zusätzlich Messungen des Körperfetts sowie objektive Krankheitszeichen.

Weltweit sind etwa eine Milliarde Menschen adipös und in Deutschland ist jeder vierte Erwachsene stark übergewichtig. Diese hohe Prävalenz hat auch erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheitssysteme, die mit enormen Kosten durch Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arthrose und bestimmte Krebsarten konfrontiert sind. Laut der World Obesity Federation wird bis 2035 in Deutschland mit Kosten im Milliardenbereich gerechnet, die durch Übergewicht und Adipositas entstehen.

Die neuen diagnostischen Kategorien

Die Kommission schlägt zwei neue Kategorien vor: „klinische Adipositas“, die als chronische Krankheit mit Organfunktionsstörung definiert ist, sowie „präklinische Adipositas“, bei der zwar ein Gesundheitsrisiko besteht, jedoch keine anhaltende Erkrankung vorliegt. Die Überarbeitung zielt darauf ab, zwischen behandlungsbedürftiger und nicht behandlungsbedürftiger Adipositas zu differenzieren.

Ein entscheidender Aspekt des neuen Ansatzes ist die Einbeziehung von weiteren Messungen, wie dem Taillenumfang und dem Taille-Hüfte-Verhältnis. Diese sollen in Zukunft zur Bestätigung des Adipositas-Verdachts herangezogen werden. Die herkömmliche Definition, die Adipositas mit einem BMI ab 30 kg/m² identifiziert, wurde seit Jahren kritisch betrachtet, da sie nicht zwischen Fett- und Muskelmasse unterscheidet und keinen verlässlichen Aufschluss über den individuellen Gesundheitszustand gibt.

Implikationen und Herausforderungen

Gemäß Medical Tribune erhofft sich die Kommission, durch diese neuen Kriterien den Zugang zu Therapien für bislang unbehandelte Personen zu erleichtern. Prof. Francesco Rubino, der Vorsitzende der Kommission, betont jedoch, dass die Umsetzung der neuen Klassifikation einen höheren Aufwand erfordert, um langfristig die Kosten im Gesundheitssystem zu senken.

Während diese neuen Ansätze vielversprechend erscheinen, gibt es auch kritische Stimmen. So befürchten einige Experten, dass weniger übergewichtige Menschen eine Adipositas-Diagnose erhalten könnten, was psychologische Komorbiditäten möglicherweise nicht ausreichend berücksichtigt. Die neuen Kriterien sollen zudem auch für Kinder und Jugendliche gelten und beinhalten 13 spezifische diagnostische Kriterien, um auch in diese Altersgruppe eine präzise Identifikation von Adipositas ermöglichen.

Die Diskussion rund um die neuen Definitionen und deren Auswirkungen auf die medizinische Praxis wurde live aus London gestreamt und soll wichtige Folgen für die Gesundheitsversorgung und Politik haben. Wie die international tätige Kommission betont, ist es entscheidend, eine evidenzbasierte Definition der klinischen Adipositas als chronische, systemische Erkrankung zu etablieren und eine personalisierte Gesundheitsberatung zu fördern, ohne Stigmatisierungen vorzunehmen.

Die Entwicklung und Implementierung dieser neuen diagnostischen Kriterien könnte also nicht nur die Behandlung von Adipositas verändern, sondern auch massgeblich dazu beitragen, die hohen Kosten, die mit dieser Erkrankung verbunden sind, langfristig zu senken.

Referenz 1
tu-dresden.de
Referenz 2
medical-tribune.ch
Referenz 3
de.statista.com
Quellen gesamt
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