
In Neubrandenburg sorgt eine aktuelle Debatte um die Regenbogenflagge für zahlreiche Schlagzeilen und Protestbewegungen. Nachdem die Stadtvertretung am 14. November 2024 beschlossen hatte, die Regenbogenflagge vor dem Bahnhof nicht zu hissen, formierte sich vor dem Sitzungssaal eine starke Gegenbewegung. Etwa 80 Menschen versammelten sich, um ihren support für Toleranz und Vielfalt zu demonstrieren. Das neu beschlossene Konzept der Stadt sieht nun vor, bis Mai 2025 Maßnahmen zur Sichtbarmachung von Weltoffenheit zu erarbeiten. Stadtpräsident Thomas Gesswein äußerte die Hoffnung, dass die Regenbogenflagge im nächsten Jahr wieder zu sehen sein wird, während Oberbürgermeister Silvio Witt (parteilos) den Beschluss begrüßte, jedoch Bedenken bezüglich der Eile äußerte.
Die Entscheidung zur Ablehnung des Hissens der Regenbogenflagge war nicht unumstritten. Eine Mehrheit von 24 von 33 Ratsmitgliedern forderte die Stadtverwaltung auf, Vorschläge zur Förderung von Diversität zu entwickeln, was den Rückhalt für eine positive Wende im Umgang mit queeren Themen zeigt. Flugblätter der Bürgerinitiative “queer NB e.V.” verdeutlichen, dass die Gruppe um mehr Sicherheit für queere Menschen bittet.
Bürgerrat soll neue Ideen entwickeln
Um die Unterstützung für Weltoffenheit und Toleranz weiter zu fördern, wurde im Kultur- und Sozialausschuss ein Vorschlag für einen Bürgerrat vorgestellt. Dieser Bürgerrat soll sich mit relevanten gesellschaftlichen Fragestellungen auseinandersetzen und Lösungen sowie Empfehlungen entwickeln. Laut Nordkurier wird eine Gruppe von etwa 100 bis 200 Bürgern zufällig aus dem Einwohnermelderegister ausgelost, um einen repräsentativen Bürgerrat von rund 20 Mitgliedern zu bilden.
Diese Bürgerräte existieren in Deutschland bereits seit über 50 Jahren und haben sich als effektives Instrument zur Bürgerbeteiligung erwiesen. In den letzten Jahren ist ihre Zahl gestiegen, und die Diskussionen in den Räten umfassen verschiedenste Themen wie Sozialpolitik, Nachhaltigkeit und Infrastruktur. Der Tagesschau zufolge fanden zwischen 2020 und 2023 nahezu 30 Bürgerräte pro Jahr statt, wobei 80% auf kommunaler Ebene durchgeführt werden. Die Idee, Bürger aktiv in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, wird als wertvoll, aber auch herausfordernd angesehen.
Christoph Biallas (SPD), Vorsitzender des Kultur- und Sozialausschusses in Neubrandenburg, unterstützt die Vorschläge für den Bürgerrat, der durch ein geschultes Moderationsteam geleitet wird. Experten sollen zudem einen fachlichen Input liefern, um die Diskussionen zu bereichern. Diese geplanten Treffen bieten einen strukturierten Raum für den Austausch von Ideen und sollen damit auch als eine Art Plattform für Bürgerpartizipation dienen.
Die Entwicklungen in Neubrandenburg reflektieren einen größeren Trend in Deutschland, wo Bürgerbeteiligung und die Schaffung von offenen, vielfältigen Kommunen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Ähnliche positive Erfahrungen wurden bereits in Städten wie Malchin gemacht, die erfolgreich einen Bürgerrat zur kommunalen Wärmeversorgung etabliert haben. Malchins Bürgermeister, Axel Müller (CDU), ermutigt andere Kommunen, dieses Instrument ebenfalls zu erproben.
Die kommende Zeit wird zeigen, inwieweit die Bürgerbeteiligung und die Unterstützung für Vielfalt in Neubrandenburg gestärkt werden können, und ob die Regenbogenflagge bald wieder ein Teil des Stadtbildes sein wird.