
August von Kotzebue war im frühen 19. Jahrhundert eine prägnante Figur im deutschen literarischen und politischen Leben. Der Dramatiker, Publizist und kaiserliche Staatsrat wurde am 23. März 1819 von Karl Ludwig Sand, einem radikalen Burschenschafter, ermordet. Diesen Mord stellte ein zentrales Ereignis dar, das sowohl die Reaktion der Fürsten als auch die künftigen politischen Bewegungen in Deutschland beeinflusste. Kotzebue wurde zum Symbol für die repressiven Zensurgesetze, die von Klemens von Metternich eingeführt wurden.
Während seiner Zeit lieferte Kotzebue wichtige Informationen aus deutschen Universitäten an den russischen Zarenhof. Diese Tätigkeit machte ihn zum erklärten Gegner der burschenschaftlichen Bewegung, die sich im Kontext des aufkommenden Nationalismus und Liberalismus entwickelte. Sand, der einen stark emotionalen Antrieb für seinen Mord hatte, nahm in den Befreiungskriegen teil, ohne jedoch aktiv in Kämpfen präsent zu sein. Der Mord an Kotzebue war für ihn eine symbolische Tat gegen die politische und kulturelle Reaktion, die Kotzebue verkörperte.
Der Mord und seine Folgen
Der Mord ereignete sich in Mannheim, als Sand Kotzebue mit einem Messer angriff. Nach der Tat versuchte Sand, sich selbst zu töten, wurde jedoch festgenommen. Die Reaktion der Fürsten auf diesen Mord war drastisch. Sie führten die sogenannten Karlsbader Beschlüsse ein, die eine Erschwerung der Selbstverwaltung an den Universitäten und eine Einschränkung der Meinungsfreiheit zur Folge hatten. Diese Beschlüsse führten dazu, dass Burschenschafter in ihren Verbindungen keine öffentlichen Ämter mehr bekleiden konnten. Diese Maßnahme führte zu einer Austrittswelle aus den Burschenschaften.
In der Folge erlebte die burschenschaftliche Bewegung eine Stärkung des revolutionären Geistes, was langfristig zur Veränderung der europäischen politischen Ordnung beitrug.
Burschenschaften im historischen Kontext
Die Geschichte der Burschenschaften reicht bis ins frühe 19. Jahrhundert zurück, insbesondere mit der Gründung der Urburschenschaft in Jena im Jahr 1815. Diese studentischen Verbindungen unterscheiden sich von konfessionsgebundenen und anderen deutschnationalen Korporationen. Über die Jahre hinweg schwankte die burschenschaftliche Bewegung zwischen völkischem Nationalismus und Liberalismus. In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts wurden nationale Bestrebungen gegenüber liberalen Zielen bevorzugt, was einen Anstieg des Antisemitismus zur Folge hatte.
Die Mitgliedschaft in Burschenschaften blieb nicht ohne Folgen, da viele Mitglieder auch während der Zeit des Nationalsozialismus in diesem System verankert blieben. Die prominenten Mitglieder wie Heinrich Himmler und Ernst Kaltenbrunner zeugen von der tiefen Verstrickung in die nationalsozialistische Ideologie. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Burschenschaften zunächst verboten, fanden jedoch bald Wege, durch harmlose Klubs das Verbot zu umgehen. Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland erlebten diese Klubs eine Rückkehr zu ihrer ursprünglichen Form und schlossen sich 1950 erneut zur Deutschen Burschenschaft zusammen.
Einige aktuelle Entwicklungen verdeutlichen die anhaltenden Herausforderungen innerhalb der Burschenschaften. Konflikte über die Aufnahme österreichischer Verbindungen führten 1971 zur Gründung der „Burschenschaftlichen Gemeinschaft“, was wiederum einen Rechtsruck innerhalb der Deutschen Burschenschaft zur Folge hatte. Die ideologischen Grundüberzeugungen blieben oft stark von völkischem Nationalismus geprägt, mit der Definition des deutschen Volkes als Abstammungsgemeinschaft. Frauen sind traditionell von der Mitgliedschaft ausgeschlossen, was ein spezifisches Männlichkeitsideal fördert.
Ein weiterer Aspekt ist der Einfluss von Burschenschaften auf die politische Landschaft. In Österreich spielen sie eine bedeutende Rolle, insbesondere durch die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ). In Deutschland hingegen sind Burschenschafter ebenfalls in politischen Parteien wie der FDP, CDU/CSU und AfD aktiv, was jedoch weniger Einfluss hat als in Österreich. Dennoch richten viele deutsche Burschenschafter ihre Hoffnungen auf die AfD, um einen größeren politischen Einfluss zu erlangen.