
Organisierter Sozialbetrug mit Scheinfirmen stellt ein wachsendes Problem für gesetzliche Sozialkassen dar und führt zu Millionenschäden. Kriminelle Gruppen nutzen dabei vermögenslose „Strohmänner“ aus Osteuropa, um ihre Taten zu verschleiern. Ein prägnantes Beispiel dafür ist ein polnischer Staatsbürger, der als Geschäftsführer einer überschuldeten Immobilienfirma in Berlin auftritt. Kurz nach der Übernahme verschwindet der neue Geschäftsführer, während die Firma formal besteht und die ursprünglichen Eigentümer sich ihrer finanziellen Probleme durch diesen Strohmann entledigen.
Solche Machenschaften sind nicht selten. Der Fachanwalt für Insolvenzrecht Joachim Heitsch bestätigt, dass Fälle von „insolventen Firmenhüllen“, die für Sozialbetrug genutzt werden, immer häufiger vorkommen. Ein alarmierendes Beispiel stellt die Anmeldung von 40 Scheinbeschäftigten bei neun Krankenkassen dar, basierend auf gefälschten Arbeitsverträgen. Viele dieser gemeldeten Arbeitnehmer existieren in der Realität nicht oder sind nicht auffindbar, und es werden keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt. Die Beitragsschulden der betreffenden Immobilienfirma betragen rund 900.000 Euro.
Schwierigkeiten bei der Auffindung von Betrugsstrukturen
Ein weiteres ernstes Problem tritt auf, wenn Krankenkassen versuchen, solche Konstrukte frühzeitig zu erkennen. Dies geschieht oft nur sporadisch und sie verlassen sich auf die Angaben der Arbeitgeber. So stellte die AOK Nordost erst drei Jahre nach der Geschäftsführer-Übergabe einen Insolvenzantrag. Gerichtsurteile zeigen, dass hinter vielen Scheinanmeldungen gut organisierte Netzwerke stehen, die in Berlin und Sachsen aktiv sind und damit großen Schaden verursachen.
Der GKV-Spitzenverband fordert daher einen besseren Datenaustausch zwischen den Sozialversicherungsträgern, um die frühzeitige Erkennung von Betrugsstrukturen zu erleichtern. Der jährliche Schaden wird auf mehrere Millionen Euro geschätzt. Unabhängig von der Region bleibt das Grundproblem gleich: Die gegenwärtigen Prüfungen sind oft zu oberflächlich, um die wachsende Anzahl an Betrugsfällen rechtzeitig zu erkennen. Diese Schwierigkeiten schaden dem gesamten System der sozialen Absicherung.
Sozialleistungsbetrug in Österreich
In einem weiteren Zusammenhang befasst sich auch das Bundeskriminalamt mit dem Thema Sozialbetrug. Hier wurden seit 2018 spezifische Task Forces ins Leben gerufen, um gezielt gegen Sozialleistungsbetrug vorzugehen. Die Task Force SOLBE hat inzwischen über 50 verschiedene Betrugsmodi identifiziert, die in sieben Hauptkategorien eingeordnet werden. Dazu gehören beispielsweise die Erschleichung von Mindestsicherung trotz ausreichendem Vermögen und der Missbrauch von Pensionsleistungen durch Scheinwohnsitze.
Auf lokaler Ebene berichten auch die österreichischen Behörden von einem Anstieg der Fallzahlen, was die Einrichtung einer interministeriellen Steuerungsgruppe zur Verbesserung des Informationsaustauschs zwischen verschiedenen Ministerien nachdrücklich erforderlich macht. Die Feststellung, dass Sozialbetrug in vielen Ländern ein kritisches Problem darstellt, beleuchtet die Notwendigkeit gemeinsamer Anstrengungen zur Bekämpfung dieser Illegalitäten.
Das Verständnis für die verschiedenen Facetten des Sozialbetrugs, ob in Deutschland oder Österreich, ist entscheidend. Initiativen wie die Task Force SOLBE sind notwendig, um dem unrechtmäßigen Bezug von Sozialleistungen durch Betrüger entgegenzuwirken und somit die Integrität der sozialen Sicherungssysteme zu bewahren.