
Die Idee, Lärmschutzwände nicht nur zum Schutz vor Lärm, sondern auch zur Stromerzeugung zu nutzen, hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Ein Beispiel für ein solches Vorzeigeprojekt ist die Lärmschutzwand an der A6 bei Grünstadt, die im März 1999 in Betrieb genommen wurde. Diese Pilotanlage sollte nicht zuletzt durch ihre Kombination von Lärmschutz und erneuerbarer Energie Maßstäbe setzen. Der damalige Landes-Verkehrsminister Hans-Arthur Bauckhage (FDP) war zur Eröffnung anwesend. Leider wurde kürzlich bekannt, dass die Anlage ihren Betrieb eingestellt hat, was bei der Autobahn GmbH Skepsis bezüglich möglicher Nachfolger hervorrief. Rheinpfalz berichtet, dass das Konzept trotz der Schließung nicht an Relevanz verloren hat.
Als Teil eines größeren Trends zur Verwendung von Lärmschutzanlagen zur Stromproduktion zeigen auch neuere Projekte vielversprechende Ansätze. So wurde das Pilotprojekt „Fotovoltaik-Lärmschutzwand“ entlang der A3 zwischen den Anschlussstellen Aschaffenburg und Aschaffenburg-Ost im Oktober 2019 abgeschlossen. Hierbei wurde eine etwa 890 Meter lange und drei Meter hohe Wand auf der Südseite der Autobahn errichtet. Die Zielsetzung besteht darin, durch integrierte Fotovoltaik-Elemente Erfahrungen zu sammeln und die Lärmsituation für die Anwohner der Stadtteile Damm und Strietwald zu verbessern, während gleichzeitig Strom erzeugt wird. Die Nordseite der Wand ist zudem mit einer hochabsorbierenden Oberfläche versehen, um Lärmreflexionen zu vermeiden. Informationen zu diesem Projekt stammen von der Autobahn GmbH.
Nachhaltige Energieproduktion durch Lärmschutz
Im Rahmen einer Studie, durchgeführt vom Deutschen Wetterdienst (DWD), Eisenbahn-Bundesamt (EBA) und Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), wird das enorme Potenzial der Photovoltaik-Module auf Lärmschutzbauten in Deutschland deutlich. Diese könnten jährlich bis zu einer Million Tonnen CO2 einsparen und dadurch einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten. Lärmschutzeinrichtungen erstrecken sich in Deutschland über insgesamt rund 5800 Kilometer, wobei rund 2500 Kilometer auf Lärmschutzwände entfallen. Laut Tagesschau könnte die installierte Photovoltaik-Kapazität auf Lärmschutzwänden einen jährlichen Solarstromertrag von etwa 1500 Gigawattstunden (GWh) erwirtschaften.
Bei einer Nutzung von 50 % der verfügbaren Fläche durch Photovoltaikanlagen auf Lärmschutzwällen entlang von 1300 Kilometern Autobahn könnte sich dieser Ertrag auf rund 1200 GWh belaufen. Bei 60 % Nutzung steigt das Potenzial auf 1400 GWh und bei 70 % sogar auf 1695 GWh. Die politischen Entscheidungsträger stehen jedoch vor der Herausforderung, die lärm- und betriebstechnischen Eigenschaften der Wände aufrechtzuerhalten, während gleichzeitig naturschutzrechtliche Aspekte berücksichtigt werden müssen.
Die Produktion von Solarstrom insgesamt nimmt in Deutschland kontinuierlich zu. Im Sommer 2022 stammte nahezu ein Fünftel des erzeugten Stroms aus Solarenergie. Dies ist eine signifikante Steigerung im Vergleich zu nur 12 % im ersten Halbjahr 2022. In Anbetracht der über 10 Millionen Einfamilienhäuser in Deutschland, die für Solaranlagen geeignet sind, wird deutlich, dass hier ein großes ungenutztes Potenzial besteht. Leider wird aktuell nur etwa ein Zehntel der nutzbaren Dachflächen für Photovoltaik-Anlagen verwendet.