
Beim Neujahrsempfang in Pfullendorf äußerte Oberst Andreas Schmand, Kommandeur des Ausbildungszentrums Spezielle Operationen der Bundeswehr, alarmierende Einschätzungen zur sicherheitspolitischen Lage in Europa. In seiner Rede vor 600 Gästen betonte Schmand die Notwendigkeit, dass Deutschland kriegstüchtig werden und bleiben müsse. Der Krieg in der Ukraine dauert nun mehr als 1000 Tage und verursacht tägliche menschliche Verluste, was die Dringlichkeit seiner Warnung unterstreicht. Schmand appellierte an die Anwesenden, als Multiplikatoren seiner Gedanken zu agieren und die Ernsthaftigkeit der Situation in der Gesellschaft zu verbreiten.
Ein zentrales Anliegen des Kommandeurs war die Erkenntnis, dass viele Deutsche glauben, in einer „Insel der Glückseligen“ zu leben, während die Realität mehr als beunruhigend ist. Schmand wies darauf hin, dass Deutschland tatsächlich vom Krieg in Europa bedroht ist. Dies wird durch die Einflüsse regionaler Mächte wie dem Iran und die komplexe sicherheitspolitische Lage in Afrika, insbesondere im Sahel, weiter verstärkt. Die Rolle Russlands bei Militärputsche in diesen Regionen ist dabei nicht zu unterschätzen.
Sicherheitsansprüche im Zusammenhang mit globalen Konflikten
Der Oberst berichtete zudem von Vorfällen im Indo-Pazifik, wo deutsche Schiffe von China angelasert wurden. Er nannte auch konkrete Anschlagspläne gegen den US-Stützpunkt Geilenkirchen und andere sicherheitsrelevante Vorfälle in Deutschland. Schmand warnte eindringlich, dass alle sicherheitspolitischen Schauplätze miteinander verwoben sind, was die Herausforderungen erhöht. Technische Entwicklungen, wie der Einsatz von Drohnen und die zukünftige Rolle von Quantencomputern in militärischen Strategien, stellen zusätzliche Hürden dar, die es zu überwinden gilt.
Am Rande des Neujahrsempfangs äußerte Pfarrer Sebastian Degen seine Sorgen um den Frieden und die Zukunft seiner Kinder. Er forderte zu mehr Besonnenheit und Kompromissbereitschaft in der Gesellschaft auf. Dies wird in einem sich zunehmend polarisierten Umfeld besonders wichtig, da Schmand noch einmal unterstrich, dass die Ziele Wladimir Putins über die Ukraine hinausgehen und potenziell die NATO bedrohen könnten.
Strategische Herausforderungen und nationale Verteidigung
Die Bundeswehr hat sich zwar auf mögliche Konflikte vorbereitet, jedoch bleibt die Frage offen, ob die Gesellschaft überhaupt bereit ist, Krieg zu führen. Diese Thematik gewinnt an Bedeutung vor dem Hintergrund der am 13. Januar 2025 veröffentlichten Nationalen Sicherheitsstrategie für Deutschland, die als dünn kritisiert wird, da mehrere Ressorts an ihrer Erstellung beteiligt waren, was zu Kompromissen geführt hat. Der anhaltend angespannte Haushalt zwingt das Finanzministerium dazu, viele ambitionierte Projekte zu streichen, während die Strategie im Einklang mit der Schuldenbremse umgesetzt werden muss.
In diesem Kontext ist Deutschland in kollektive Verteidigungssysteme wie die NATO eingebunden, was den Handlungsspielraum einschränkt. Die Strategie fällt hinter die NATO-Strategie „NATO 2030“ und den „Strategischen Kompass“ der EU zurück. Angesichts des drohenden Isolationismus der USA und der Herausforderungen, die der NATO-Beitritt Schwedens mit sich bringt, wird die Notwendigkeit betont, dass alle Mitgliedsstaaten sich politisch zusammenschließen müssen.
Die Bundeswehr hat an verschiedenen Projekten wie PESCO, Military Mobility und dem Future Combat Air System (FCAS) gearbeitet, die sowohl Herausforderungen als auch Chancen der multilateralen Zusammenarbeit aufzeigen. Projekte wie die European Sky Shield Initiative (ESSI) versuchen, europäische Luftverteidigungssysteme zu schaffen, wobei die bestehenden NATO-Systeme weiterhin in der Diskussion sind. Dabei wird auch der Klimawandel als sicherheitspolitischer Bedrohungsmultiplikator anerkannt, ohne dass klare operative Maßnahmen präsentiert werden.
Schließlich bleibt zu hoffen, dass eine bessere Ausrüstung der Streitkräfte dazu beitragen kann, potenzielle Aggressoren wie Putin abzuschrecken, während gleichzeitig im Inneren ein Konsens erforderlich ist, um bedeutende strategische Veränderungen effektiv umzusetzen.