
Julia Klöckner, die ehemalige Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft sowie Bundestagsabgeordnete, wurde am 27. Februar 2025 vom Stockacher Narrengericht verurteilt. Die Strafe besteht aus der Zahlung von 60 Litern Strafwein, die Klöckner an das Gericht zu leisten hat. Diese ungewöhnliche gerichtliche Maßnahme wurde in der Tradition der schwäbisch-alemannischen Fastnacht verhängt, die in Stockach seit 1351 gefeiert wird. Das Gericht befand Klöckner lediglich in einem von drei Anklagepunkten für schuldig und bezeichnete das Urteil als mild. Klöckner wurde unter anderem der feministischen Machtgeilheit und scheinheiligen Hochstapelei beschuldigt, was Aufsehen erregte.
Die Verhandlung fand am „Schmotzigen Donnertag“, auch bekannt als Weiberfastnacht, statt. In ihrer Verteidigungsrede wies Klöckner auf die Tatsache hin, dass das Narrengericht seit dem Mittelalter ausschließlich aus Männern besteht. Dies ignited eine Diskussion über die Geschlechterrollen innerhalb dieser Tradition. Klöckner forderte die Frauen von Stockach zu einer Revolution gegen das Narrengericht auf. Ihr Anwalt Michael Nadig stand zum ersten Mal als Ankläger vor Richter, während der Fürsprecher Christoph Stetter die Verteidigung übernahm.
Reaktionen und Festlichkeiten
Auf die Verurteilung reagierte Klöckner gelassen und plant bereits eine Gratifikation: Sie möchte dem Narrengericht zusätzlich einen weiteren Eimer Wein schenken. CDU-Parteichef Friedrich Merz gab ihr den humorvollen Rat, nicht nüchtern auf die Bühne zu gehen. Während der Verhandlung sorgte Klöckner zudem für Gelächter, indem sie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sowie andere SPD-Politiker auf humorvolle Weise verspottete.
Das Stockacher Narrengericht besteht aus 21 Gerichtsnarren, die jährlich einen prominenten Politiker zur Fastnacht einladen. In der Vergangenheit standen bereits namhafte Personen wie Cem Özdemir, Angela Merkel und Winfried Kretschmann vor diesem Gericht. Klöckner erhielt nicht nur Wein als Strafe, sondern auch die Amtsbezeichnung der närrischen Weinkönigin, verbunden mit einer Schicht am Weinstand beim kommenden Stadtfest im Juni. Die Unsicherheit bleibt jedoch, ob Klöckner tatsächlich zurückkehren wird, da frühere Beklagte oft nicht zu ihren Gerichtspflichten zurückgekehrt sind.
Karneval und seine kulturelle Bedeutung
Der Startschuss zur Karnevalszeit wird durch Weiberfastnacht gegeben, die für viele als Höhepunkt der Feierlichkeiten gilt. Karneval hat in Deutschland eine vielfältige Tradition, wobei die Feierlichkeiten von Region zu Region unterschiedlich sind. Besonders in Städten wie Köln, Düsseldorf und Mainz spielen politische Satire und gesellschaftliche Kritik eine zentrale Rolle. Das Narrengericht in Stockach ist ein Beispiel für eine solche traditionelle Veranstaltung, die Humor und Ernsthaftigkeit verbindet.
Obwohl Klöckners Verurteilung von vielen als humorvoll angesehen wird, wirft sie auch Fragen zur Rolle von Frauen in traditionellen politischen und gesellschaftlichen Strukturen auf. Die Diskussion über Geschlechtergerechtigkeit und die Dominanz männlicher Figuren in diesen formalen Settings könnte durch solche Ereignisse neuen Aufwind bekommen. Dies spiegelt sich auch in der Kritik wider, die der Karneval zunehmend erfährt, insbesondere in Bezug auf die Verstaubtheit und die autoritäre Struktur mancher Vereine.