
Der Bund Naturschutz (BN) hat erneut Klage gegen die Abschussgenehmigung von Bibern im Oberallgäu eingereicht. Dies geschieht im Kontext eines neuen Erlasses des Landratsamts Oberallgäu, der die Tötung von Bibern ohne Einzelgenehmigung innerhalb von 30 Metern um Bundes-, Staats- und Kreisstraßen sowie an Schienenwegen erlaubt. Laut saechsische.de argumentiert das Landratsamt, dass diese Maßnahme notwendig sei, um Schäden an Straßen und Bahnstrecken sowie damit verbundene Ausfälle zu vermeiden.
Bereits im Herbst 2022 hatte der BN gegen eine ähnliche Allgemeinverfügung geklagt, die später vom Verwaltungsgericht Augsburg als rechtswidrig eingestuft wurde. Das Gericht stellte fest, dass das Landratsamt den BN nicht in die Entscheidung einbezogen hatte, was gegen die Mitwirkungsrechte von Naturschutzvereinigungen verstieß. Nach der Aufhebung des vorherigen Erlasses hat das Landratsamt die formelle Beteiligung des BN nun nachgeholt, jedoch bleibt der Inhalt des neuen Erlasses nahezu identisch.
Überblick der neuen Verfügung
Die alte und die neu geplante Biber-Allgemeinverfügung gelten für einen Bereich von 30 Metern entlang von über 620 Kilometern Bundes-, Staats- und Kreisstraßen sowie Bahnlinien. Somit dürfen auf einer Fläche von etwa 3.720 Hektar Biber geschossen werden. Innerhalb dieses Gebietes befinden sich mehr als 1.000 Gewässerabschnitte mit einer Gesamtlänge von rund 103 Kilometern. Dr. Christine Margraf, stellvertretende BN-Landesbeauftragte, und andere Naturschützer werfen der neuen Verordnung vor, sie sei überzogen und schädlich für das Bibermanagement in Bayern.
Diese Kontroversen stehen im Kontrast zu der erkannten ökologischen Bedeutung des Bibers. Der Biber (Castor fiber) hat sich nach fast einer Ausrottung im 19. Jahrhundert stark in Deutschland ausgebreitet. Seine Rückkehr verbessert die Gewässerstruktur und erhöht die Artenvielfalt. Biber gestalten aktiv ihren Lebensraum durch das Fällen von Bäumen und den Bau von Dämmen, was sowohl mit ökologischen Vorteilen als auch mit Konflikten wie Überflutungen von Ackerflächen einhergeht, wie nul-online.de beschreibt.
Rechtliche Herausforderungen und Naturschutz
Der BN kritisiert die neue Allgemeinverfügung als sowohl sachlich nicht sinnvoll als auch rechtlich nicht haltbar. Sie fordern, dass vor der Genehmigung pauschaler Abschüsse alle anderen Lösungen geprüft werden. Rechtsanwalt Dr. Eric Weiser-Saulin hält die Allgemeinverfügung für rechtlich unzulässig. Die Naturschutzgesetzgebung verlangt, dass Alternativen zu tödlichen Maßnahmen wie etwa der Einsatz von Drahtgeflechten gegen Biberhöhlen in Betracht gezogen werden.
Die aktuelle und kommende Auseinandersetzung um die Biberabschussgenehmigungen verdeutlicht, wie wichtig ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Naturschutz und menschlichen Nutzungsinteressen ist. Der Biber ist durch das Naturschutzrecht stark geschützt, sowohl als Erhaltungsziel in FFH-Gebieten als auch als streng geschützte Art. Maßnahmen, die seinen Lebensraum beeinträchtigen, benötigen eine Verträglichkeitsprüfung und sind nur unter bestimmten Bedingungen zulässig, um erhebliche Schäden abzuwenden.
Die Diskussion um den Biber ist somit nicht nur ein regionales Thema, sondern betrifft grundlegende Fragen des Naturschutzes und der Wasserwirtschaft. Der Bedarf an einem Interessenausgleich zwischen ökologischen Zielen und den Bedürfnissen der Wasserwirtschaft könnte der Schlüssel sein, um sowohl den Biber zu schützen als auch die Ansprüche der infrastrukturellen Sicherheit zu wahren.