
Am Montag beginnt die Frühjahrsvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz im Kloster Steinfeld in Kall, Bistum Aachen. Ein zentrales Thema dieser wichtigen Zusammenkunft wird die politische Rolle der Kirche sein. Es ist ein Gesprächsthema, das bereits im Vorfeld für kritische Äußerungen gesorgt hat. So äußerten sich Bischof Karl Jüsten und Prälatin Anne Gidion besorgt über die Abstimmungen der Unionsparteien mit der AfD im Bundestag. Insbesondere die Migrationspolitik der C-Parteien und deren Pläne zur Begrenzung der Migration, die sie als potenziell verfassungswidrig einstuften, stehen im Fokus der Kritik.
Markus Söder, CSU-Chef und Premierminister von Bayern, hat die Kirchen aufgefordert, sich politisch zurückhaltender zu zeigen und sich auf „christliche Themen“ zu konzentrieren. Er warnte zudem, dass die Kirchen auf die Unterstützung der Unionsparteien angewiesen seien. Diese Forderung fällt in einen Kontext, in dem Kardinal Reinhard Marx deutlich macht, dass die Kirche selbst entscheidet, was sie sagt, und dass sie einen Auftrag für die gesamte Gesellschaft hat. Während einige Bischöfe die Kritik an der CDU teilen, plädieren sie zugleich für mehr Zurückhaltung vor der anstehenden Bundestagswahl.
Einmischung der Kirchen: Positionen und Reaktionen
Bischof Franz-Josef Overbeck hat sich ebenfalls kritisch zur Verabschiedung eines Antrags zur Migrationspolitik im Bundestag geäußert, der mit Stimmen der AfD beschlossen wurde. Bei einer Veranstaltung in Köln bezeichnete er diesen politischen Akt als „schrecklich“. Overbeck kritisierte zudem ein Schreiben von Jüsten und Gidion, die sich an die Bundestagsabgeordneten gewandt hatten. Ihre Einschätzungen wurden von ihm in Zweifel gezogen. Die Bischöfe hatten sich entschieden, das Vorgehen von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz nicht zu kommentieren, was die Position der Kirchen in einem sensiblen politischen Klima verdeutlicht.
Die Bischöfe betonen die Unvereinbarkeit christlicher Werte mit völkischem Nationalismus, eine Haltung, die sie auch im Februar 2024 in einer Erklärung festgehalten hatten. Holocaust-Überlebende wie Roman Schwarzman haben ebenfalls vor den Gefahren gewarnt, die aus der Allianz zwischen bestimmten politischen Parteien und der AfD erwachsen können. Diese Einmischung der Kirchen wird von vielen als konsequent und richtig angesehen, vor dem Hintergrund eines sich verändernden politischen Klimas.
Historische Rückblicke und gegenwärtige Herausforderungen
Die Diskussion über die Rolle der Kirchen in der Politik ist nicht neu. Historische Rückblicke, wie der Hirtenbrief der Bischöfe von 1980 und die damalige Reaktion von Helmut Schmidt, zeigen, dass Konflikte zwischen Kirche und Politik über die Jahre hinweg immer wieder aufgetreten sind. Das Reichskonkordat von 1933, das zwischen dem Heiligen Stuhl und Nazi-Deutschland geschlossen wurde, ist bis heute gültig und prägt die Beziehungen zwischen Staat und Kirche.
Im Laufe von 2000 Jahren hat sich das Verhältnis zwischen diesen beiden Institutionen gewandelt, wobei Kooperation und Trennung in verschiedenen Phasen der Geschichte im Vordergrund standen. Heutige Debatten umfassen nicht nur die Migrationspolitik, sondern auch den Einfluss der Kirchen auf gesellschaftspolitische Themen wie geschlechtliche Identität, Abtreibung und Sterbehilfe. Trotz eines schwindenden Einflusses aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen und sinkender Mitgliederzahlen versuchen die Kirchen, ihren Einfluss auf politische Entscheidungen zu verteidigen und aktiv in gesellschaftliche Debatten einzugreifen.
Die bevorstehenden Themen der Bischofskonferenz werden u.a. die Wirkung der Enzyklika von Papst Franziskus zu Umweltfragen, die Lage von Christen im Nahen Osten sowie der Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland (Synodaler Weg) und die dringend notwendige Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs innerhalb der Kirche umfassen. Die Entscheidungen dieser Versammlung könnten weitreichende Folgen für das politische Engagement der Kirche sowie ihre Rolle in der Gesellschaft haben.