
Am Karfreitag, den 19. April 2025, erlebte die Stadt Lohr am Main eine eindringliche Demonstration des Glaubens während der traditionellen Karfreitagsprozession. Diese Prozession, die eine der ältesten ihrer Art im deutschsprachigen Raum ist, stellt den Leidensweg Jesu Christi vom letzten Abendmahl bis zu seiner Kreuzigung dar. Diese stark ritualisierte Veranstaltung ist geprägt von einer beklemmenden Stimmung, während überlebensgroße Figuren von rund 600 schwarz gekleideten Männern und Frauen schweigend durch die Altstadt getragen werden.
In einer rund anderthalbstündigen Zeremonie, die ab 10.30 Uhr begann, wurde der Leidensweg Jesu in 13 Stationen durch die Gassen der Stadt veranschaulicht. Angehörige von Handwerksinnungen und deren Nachfahren bringen die schweren Figuren, die bis zu 150 Kilogramm wiegen, zur Schau. Dabei werden nur Paukenschläge und Trauerchoräle zu hören sein, denn während der gesamten Prozession herrscht Stille. Am Ende versammeln sich die Teilnehmer am Kirchplatz, um gemeinsam zu beten und zu singen.
Tradition und Geschichte
Die Lohrer Karfreitagsprozession hat ihre Wurzeln vermutlich in der Zeit der Gegenreformation und wurde 1658 erstmals urkundlich erwähnt. Im 17. und 18. Jahrhundert war es üblicher, Heilsgeschehen in Prozessionen bildlich darzustellen, bis es Ende des 18. Jahrhunderts verboten wurde. Dennoch hielten die Bürger von Lohr an ihrer Tradition fest, die mittlerweile nicht mehr von der Kirche, sondern von der Bürgerschaft organisiert wird. Handwerksinnungen sind für unterschiedliche Szenen verantwortlich; so tragen Schuhmacher die Figur der Geißelung, während Wagner- und Schlosserinnungen die Gefangennahme Jesu darstellen.
Der neue Prozessionsweg, der 2019 aufgrund von Bauarbeiten an der ehemaligen Brauerei geändert wurde, führt von der Stadtpfarrkirche St. Michael über die Turmstraße und die Hauptstraße zurück zur Kirche. Trotz dieser Veränderungen bleibt das Ereignis eine der letzten und größten seiner Art in Deutschland.
Spirituelle Bedeutung der Prozessionen
Prozessionen, wie die in Lohr, sind Ausdruck des katholischen Glaubens und haben ihren Ursprung in alten Traditionen, die bis in die Anfänge des Christentums zurückreichen. Sie dienen nicht nur der Feier des Glaubens, sondern auch der Meditation über die Geheimnisse des Glaubens und der spirituellen Einheit der Gemeinschaft. Diese öffentlichen Kundgebungen sind wichtige Elemente der Karwoche und finden weltweit statt. Sie laden die Gläubigen zur Selbstprüfung und zur Vertiefung ihrer Beziehung zu Gott und den Mitmenschen ein.
Die Lohrer Prozession ist also mehr als nur eine Tradition. Sie vereint Menschen in einem Akt des Glaubens und der Hingabe, der die tiefere Bedeutung der Karwoche bekräftigt. Festwagen repräsentieren Schlüsselmomente der Passion und schaffen eine enge Verbindung zu den Leiden Christi. Auch in einer zunehmend säkularisierten Welt bleibt die Prozession ein wichtiges Zeugnis des Glaubens und ein Aufruf zur Umkehr.
So stellt die Karfreitagsprozession in Lohr am Main ein tiefgründiges und historisch gewachsenes Ritual dar, das nicht nur die Trauer über das Leiden Christi, sondern auch die gemeinsame spirituelle Reise der Gläubigen verdeutlicht. Diese ereignisreiche Tradition wird weiterhin von der Bürgerschaft mit großer Hingabe gepflegt und zieht Jahr für Jahr Tausende von Zuschauern an.
Für nähere Informationen zu den Hintergründen und der Geschichte dieser Prozessionen siehe auch PNP, BR und Catholicus.