
Die Verbreitung von Desinformation im Internet ist ein brisantes Thema, das nicht nur die Gesellschaft, sondern auch politische Prozesse erheblich beeinflussen kann. Dr. Veronika Solopova, Sprachwissenschaftlerin und Informatikerin an der TU Berlin, beschäftigt sich intensiv mit den Mechanismen russischer Propaganda. Sie hat ein KI-Tool namens „Check News in One Click“ entwickelt, das in der Lage ist, Desinformation in sieben Sprachen mit einer beeindruckenden Genauigkeit von rund 93 % zu erkennen. Solopova leitet ein Team, das sich auf erklärbare Künstliche Intelligenz spezialisiert hat, um die Entscheidungen der KI nachzuvollziehbar zu machen und das Vertrauen in diese Technologie zu stärken. Ihre Innovationskraft zeigt sich auch im Projekt NoFake, wo sie gemeinsam mit der Organisation CORRECTIV die Plattform CORRECTIV.Faktenforum ins Leben gerufen hat, die Bürger*innen beim Faktencheck unterstützt.
Die Methoden der russischen Desinformationskampagnen sind vielfältig und dynamisch. Sie reichen von Fake-Websites über Bot-Netzwerke bis hin zu personalisierten Narrativen, die sich ständig weiterentwickeln und somit eine ständige Herausforderung für Faktenprüfer*innen darstellen. Besonders während des Ukraine-Kriegs hat sich die russische Propaganda an die veränderten Gegebenheiten angepasst, indem sie gezielt auf Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Destabilisierung westlicher Unterstützung abzielt. Beliebte Narrative in diesem Kontext besagen beispielsweise, dass „die Ukraine keine Siegeschancen hat“ oder dass „der Westen uns verraten wird“. In Deutschland laufen gezielte Kampagnen, die Anti-Migrations- und Anti-Ukraine-Narrative über soziale Medien verbreiten.
Desinformation im Wahlkampf
Ein besonders besorgniserregendes Beispiel für gezielte Desinformation ist die jüngste Einflussoperation mit dem Namen „Storm-1516“, die den Wahlkampf zur Bundestagswahl 2025 in Deutschland beeinflusst. Analysen von CORRECTIV decken auf, dass die Kampagne auf gefälschte Informationen über prominente Politiker*innen wie Robert Habeck und Annalena Baerbock abzielt. Diese Falschmeldungen wurden mithilfe von KI und Deepfakes erstellt und auf Fake-Nachrichtenseiten verbreitet. Verantwortliche dieser Operation sind unter anderem ein Ex-Polizist aus den USA sowie die Internet Research Agency (IRA) und der militärische Geheimdienst GRU. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat bereits vor möglichen Einflussnahmen auf die bevorstehenden Wahlen gewarnt.
Ein Netzwerk aus über hundert deutschsprachigen Websites wurde zur Verbreitung dieser Falschinformationen genutzt. Pro-russische Influencer nehmen zunehmend eine zentrale Rolle in der Verbreitung dieser Nachrichten ein, oft mit der Absicht, Unterstützung für Donald Trump in den USA zu mobilisieren. Diese Influencer könnten sogar für ihre Tätigkeiten finanziell entlohnt werden, wobei Verbindungen zur von Jewgenij Prigoschin gegründeten „Stiftung zur Bekämpfung der Repression“ bestehen.
Medienkompetenz und Prävention
Die Problematik der Fake News, von denen weniger als 1 % der im Internet verfügbaren Inhalte tatsächlich als solche klassifiziert werden können, zeigt die Komplexität des Phänomens. Die Debatte über ihre Verbreitung wurde maßgeblich durch die Wahl Donald Trumps und das Brexit-Referendum ausgelöst. Ein geringes Vertrauen in politische und mediale Institutionen begünstigt die Aufnahme solcher Informationen, was insbesondere in politisch enttäuschten Gruppen zu beobachten ist. Um dem entgegenzuwirken, sind Initiativen wie „EU vs. Disinfo“ sowie das European Digital Media Observatory ins Leben gerufen worden, die Desinformation aktiv bekämpfen wollen.
Die Medienkompetenz der Bürger*innen spielt eine entscheidende Rolle im Umgang mit Desinformation. Laut Studien sind selbst Personen mit hoher Medienkompetenz nicht immun gegen Fake News. Durch Strategien wie Faktenchecks und frühzeitige Interventionen sowie die Sensibilisierung der Bevölkerung wird der Fokus auf die Förderung von Medienkompetenz gelegt. Diese wird als essenziell erachtet, um die Gesellschaft auf den Umgang mit Desinformation effektiv vorzubereiten und den integren Zustand des Medienkonsums zu erhalten.
Dr. Solopova appelliert an die Bürger*innen, Nachrichten aus unterschiedlichen Quellen zu prüfen und unnötige Schlussfolgerungen zu vermeiden, um der weitverbreiteten Desinformation entgegenzutreten. Ihre Forschung und praktischen Ansätze bieten wertvolle Einsichten in die Mechanismen und Herausforderungen der digitalen Propaganda, die auch in Zukunft einen prägnanten Bestandteil der gesellschaftlichen Diskussionen darstellen werden.