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Kampf gegen finanzielle Toxizität: Herdecke fordert dringend Lösungen!

Die Universität Witten/Herdecke setzt sich für Lösungen zur finanziellen Unterstützung von Krebspatient:innen ein. Forscher:innen erarbeiten präventive Ansätze gegen finanzielle Toxizität, um Lebensqualität zu verbessern.

Krebspatient:innen in Deutschland sehen sich häufig einer erheblichen finanziellen Belastung gegenüber. Diese resultiert aus Zuzahlungen für Medikamente sowie einem krankheitsbedingten Arbeitsausfall. Rund 80 % der Betroffenen fühlen sich von diesen Herausforderungen stark betroffen. Die Universität Witten/Herdecke (UW/H) hat daher Maßnahmen ergriffen, um das Phänomen der „finanziellen Toxizität“ zu analysieren und Lösungen zu entwickeln. Diese finanzielle Überlastung kann nicht nur die Lebensqualität der Patient:innen gefährden, sondern auch zu ernsthaften Überschuldungen führen.

Prof. Dr. Eva Münster von der UW/H hat einen Forschungsantrag bei der Deutschen Krebshilfe eingereicht, um die Prävention finanzieller Toxizität zu erforschen. Ziel dieser Forschung ist es, Betroffene besser zu unterstützen und die finanziellen Aspekte von Krebserkrankungen stärker in den Vordergrund zu rücken. Der Antrag wurde in Zusammenarbeit mit Expert:innen der UW/H, Hochschule RheinMain, Institut für Finanzdienstleistungen e.V. und Hochschule für angewandte Wissenschaft Kempten erstellt.

Die Dimension finanzieller Toxizität

Die finanzielle Toxizität bezeichnet die monetären Belastungen, die Krebspatient:innen und deren Familien während der Behandlung erleben. Laut einer Studie, die in der Fachzeitschrift „J Cancer Surviv“ veröffentlicht wurde, zeigt sich ein klarer Zusammenhang zwischen finanziellen Belastungen, emotionaler Überforderung und einer gesenkten Lebensqualität. Patient:innen und Angehörige können während und nach der Behandlung oft nicht arbeiten, was die finanzielle Situation weiter verschärft.

Die systematische Analyse von zwölf qualitativen Studien, die in verschiedenen Ländern wie Kanada und Australien durchgeführt wurden, deckt fünf zentrale Themen auf. Dazu gehören steigende Kosten für medizinische Versorgung, verminderte finanzielle Ressourcen, variierende Wahrnehmungen finanzieller Veränderungen und die Notwendigkeit, finanzielle Engpässe abzupuffern. Gesundheitsfachpersonen werden aufgefordert, frühzeitig Risiken finanzieller Toxizität zu erkennen und Patient:innen über verfügbare Ressourcen zu informieren.

Finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten

Die finanziellen Herausforderungen, die mit einer Krebserkrankung verbunden sind, sind enorm. Eine Studie des Deutschen Krebsforschungszentrums berichtet, dass Krebspatienten im ersten Jahr nach ihrer Diagnose mit einem Einkommensverlust von 26 bis 28 % rechnen müssen. In Deutschland erhalten Kranke für die ersten sechs Wochen Krankengeld, welches nach dieser Phase maximal 78 Wochen gezahlt wird.

Die Regelungen zu Zuzahlungen führen jedoch ebenfalls zu zusätzlichen finanziellen Belastungen, denn Patient:innen müssen oftmals 10 % der Behandlungskosten selbst tragen. Höchstgrenzen sind nicht immer ausreichend und die Regelungen bezüglich Härtefallregelungen sind in der aktuellen Form unzureichend. Besonders belastend sind die Zuzahlungen für Nahrungsergänzungsmittel, die von Krankenkassen nicht übernommen werden.

Empfohlene Maßnahmen und gesellschaftliche Sensibilisierung

Um dieser finanziellen Toxizität entgegenzuwirken, sind umfassende Aufklärung über Patient:innenrechte und zusätzliche Informationsangebote notwendig. Frühzeitige Einbindung von sozialer Schuldnerberatung wird als entscheidend erachtet, um die Nachhaltigkeit finanzieller Stabilität zu gewährleisten. In vielen Ländern, darunter die Schweiz, existieren bereits Modelle der präventiven Budgetberatung, während in Deutschland meist erst bei akuten Schulden interveniert wird.

Ein Bewusstseinswandel sowohl in der Gesellschaft als auch im medizinischen Fachpersonal ist dringend erforderlich. Viele sind sich nicht bewusst, dass eine Krebserkrankung nicht nur physische und psychische, sondern auch substantielle finanzielle Belastungen nach sich ziehen kann. Daher braucht es Initiativen, die präventiv wirken und vor den finanziellen Risiken einer Erkrankung aufklären.

Insgesamt zeigt sich, dass die finanzielle Toxizität ein bedeutendes Problem darstellt, das unbedingt in der onkologischen Versorgung berücksichtigt werden muss. Die genannten Maßnahmen und der Vorschlag für bessere Unterstützungsstrukturen sollten in der politischen und medizinischen Diskussion verstärkt Eingang finden, um den betroffenen Patient:innen eine realistische Perspektive zu bieten.

Für detailliertere Informationen zu finanziellen Unterstützungsangeboten können Patient:innen und Angehörige die zahlreichen Ressourcen in Anspruch nehmen, die über das Familienservice bereitgestellt werden.

Mehr über die Forschung zu finanzieller Toxizität und deren Auswirkungen auf Krebspatient:innen finden Sie in einem Artikel von Witten/Herdecke und über Erfahrungen in öffentlich finanzierten Gesundheitssystemen erfahren Sie in der Publikation von MedMedia.

Referenz 1
www.uni-wh.de
Referenz 2
www.medmedia.at
Referenz 3
www.familienservice.de
Quellen gesamt
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