
Das ikonische Spiel „Mensch ärgere dich nicht“, eines der beliebtesten Gesellschaftsspiele Deutschlands, wurde vor über 100 Jahren in München erfunden. Der kreative Kopf hinter diesem Erfolg war Josef Friedrich Schmidt, der in Giesing lebte und das Spiel ursprünglich in der Garage seines Hauses entwickelte. Der Grund für seine Schaffenskraft war das Streben, seine Söhne zu beschäftigen und zu unterhalten. Der Verkaufsstart im Jahr 1910 verlief zunächst schleppend, und die Erwartungen an das Spiel waren eher gering. Doch der Durchbruch kam 1914 mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, als 3.000 Exemplare an deutsche Lazarette geschickt wurden.
In den Feldlazaretten fand das Spiel schnell Anklang bei verwundeten Soldaten und verbreitete sich bald in den deutschen Wohnzimmern. Dies führte dazu, dass Schmidt nicht nur als Erfinder, sondern auch als Besitzer eines kleinen Spieleverlags anerkannt wurde. Bis heute wurden mehr als 100 Millionen Exemplare verkauft, und es sorgt seit über einem Jahrhundert für Unterhaltung und lebhafte Diskussionen in Familien und Freundeskreisen. Die Popularität des Spiels ist ungebrochen, und es hat sich in der deutschen Spielkultur fest verankert.
Die Spielmechanik und Varianten
„Mensch ärgere dich nicht“ ist ein klassisches Laufspiel, das weltweit in vielen europäischen Ländern gespielt wird. Es ähnelt anderen traditionellen Brettspielen wie Pachisi, Parcheesi und Ludo. Jeder Spieler hat vier Spielfiguren, die aus dem „Aus“-Bereich in die eigene „Heim“-Reihe bewegt werden müssen. Dies geschieht durch Würfeln, wobei das Rollen einer Sechs es ermöglicht, eine Figur ins Spiel zu bringen. Die Mechanik des Spiels, bei der eine Figur zurück ins „Aus“ geschickt wird, wenn eine andere Figur von einem Mitspieler auf das gleiche Feld gezogen wird, spiegelt den Titel des Spiels wider: „Mensch ärgere dich nicht“. In der gängigsten Variante spielen zwei bis vier Personen, es gibt jedoch auch spezielle Versionen für bis zu sechs Spieler.
Die Geschichte des Spiels reicht zurück bis in die Jahre 1907 und 1908, und es erlebte zwischen 1910 und 1920 einen rasanten Anstieg in der Verbreitung, da bis 1920 bereits eine Million Spiele verkauft wurden. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieb das Spiel nahezu unverändert, obwohl zahlreiche lizensierte Versionen und Nachahmungen sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland auf den Markt kamen. In den letzten Jahren wurde das Spielfeld des Spiels vereinfacht und an moderne Spielstandards angepasst, ohne den Geist des Originals zu verlieren.
Die kulturelle Bedeutung
Brettspiele wie „Mensch ärgere dich nicht“ bieten nicht nur Unterhaltung, sie spielen auch eine wichtige Rolle in der Geschichtskultur und der Vermittlung historischer Konzepte. Historische Didaktik und Geschichtswissenschaft beschäftigen sich zunehmend mit der Art und Weise, wie solche Spiele Geschichte modellieren und wie sie zur Rezeption von Geschichte beitragen. Deutschland hat die größte Brettspielgemeinschaft weltweit; jährlich erscheinen 400 bis 500 neue Spiele, viele davon mit historischem Setting. Über 20 % der seit 1979 mit dem Kritikerpreis „Spiel des Jahres“ ausgezeichneten Spiele sind in diesem Kontext angesiedelt.
Diese Spiele tragen dazu bei, die Identifikation der Spieler mit der Spielwelt zu fördern und die Akzeptanz von Regelwerken zu steigern. Historische Szenarien und die Abbildung von Entscheidungsmöglichkeiten stellen eine spielerische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit dar, wie es auch in „Mensch ärgere dich nicht“ der Fall ist. Die Entwicklung des Spiels spiegelt den Wandel in den Gesellschaften wider, in denen es gespielt wird, und seine anhaltende Popularität zeugt von seiner Fähigkeit, Spieler unterschiedlichster Generationen zusammenzubringen.
Insgesamt verdeutlicht die Geschichte von „Mensch ärgere dich nicht“ nicht nur den Einfluss eines Spieles auf die deutsche Kultur, sondern auch die Verbindung von Spiel und Geschichte in der breiten Gesellschaft. Dieses Spiel ist mehr als nur ein Zeitvertreib – es ist ein Teil der deutschen Tradition, das auch weiterhin Generationen von Spielern verbindet.
Weitere Informationen über die Ursprünge und Entwicklung des Spiels finden Sie bei tz, Wikipedia und Public History Weekly.