
Die neue ICE-Trasse zwischen Ulm und Wendlingen, die seit Dezember 2022 in Betrieb ist, weist in den ersten zweieinhalb Jahren einen besorgniserregenden Betrieb auf: Insgesamt ist nur ein einziger Güterzug auf der Strecke gefahren, obwohl ursprünglich 17 Güterzüge pro Tag geplant waren. Diese dramatische Diskrepanz wirft Fragen zur wirtschaftlichen Nutzung und Effizienz des fast vier Milliarden Euro teuren Projekts auf. Laut SWR gibt es dafür mehrere Gründe, die sowohl technische als auch politische Aspekte umfassen.
Ein wesentliches Hindernis ist der circa acht Kilometer lange, eingleisige Abschnitt bei der Wendlinger Kurve, der die Kapazität der Strecke erheblich einschränkt. Ein Bahnsprecher bestätigte, dass die Strecke im Januar 2024 einmalig von einem Zug befahren wurde. Zudem haben andere Eisenbahnverkehrsunternehmen bisher keine Leistungen auf der neuen Trasse bestellt, was die Nutzung weiter limitiert. Die Neubaustrecke bietet nur Platz für Güterzüge mit einem Gewicht von maximal 1.000 Tonnen. Berichten zufolge könnte die genehmigte Steigung der Trasse für reguläre Güterzüge problematisch sein.
Technische Herausforderungen der Trasse
Die Schnellfahrstrecke Wendlingen–Ulm ist für einen maximalen Geschwindigkeitsbereich von bis zu 250 km/h ausgelegt, wobei 50,7 % der Streckenlänge von 59,575 km in Tunneln verlaufen. Trotz dieser hochwertigen Technik bleibt die Strecke für den Güterverkehr aufgrund kritischer Steigungsabschnitte und der eingeschränkten Kapazität problematisch. Minister Winfried Hermann, Verkehrsminister in Baden-Württemberg, äußerte unter anderem, dass die Strecke im Bundestag „schön gerechnet“ wurde, und er warf die Frage auf, ob die geplanten leichten Güterzüge tatsächlich existieren werden, da die Praxis keinesfalls den Vorhersagen entspreche.
Die tatsächliche Nutzung zeigt auch Schwächen in der Planung: Während die Strecke ursprünglich auf 17 Güterzüge pro Tag ausgelegt war, befürchten Experten auf Grundlage aktueller Berichte, dass sich die Realität erheblich von dieser Prognose entfernen könnte. Hermann betonte, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht, um die Trasse tatsächlich für alle Verkehrsträger nutzbar zu machen.
Positives für den Nahverkehr
Obwohl die Situation im Güterverkehr düster aussieht, gibt es auch positive Entwicklungen im Nahverkehr. Die neue Trasse bietet Vorteile wie einen neuen Bahnhalt in Merklingen, der den Nahverkehr in der Region erheblich verbessern kann. Die geplanten Veränderungen sollen ebenfalls dazu beitragen, die mittlere Alb besser anzubinden, was positives Potenzial für den regionalen Verkehr bietet.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm, die Teil des Bahnprojekts Stuttgart-Ulm ist, mit komplexen Herausforderungen konfrontiert ist. Die über Jahre geplanten Passagier- und Güterzüge sind bislang nicht in dem Maße realisiert worden, wie es die Finanzierungsvereinbarung von 2009 vorhersah. Ein Umdenken in der Strategie könnte erforderlich sein, um das volle Potenzial dieser Investition zu entfalten, während die Zustimmung zur Bahnpolitik auch kritisch hinterfragt werden muss. Die Situation verdeutlicht die Schwierigkeiten, die große Infrastrukturprojekte in Deutschland oft mit sich bringen.
Für weitere Informationen zur Streckenführung und den technischen Details verweisen wir auf Wikipedia und aktuelle Berichte zur Infrastrukturentwicklung der Deutschen Bahn unter Deutsche Bahn.