
In der kleinen sächsischen Stadt Jahnsdorf, nahe Chemnitz, hat sich unter der Leitung von Conny Böhme ein innovatives Unternehmen etabliert, das Hundehaare in fruchtbare Wollknäuel verwandelt. Die Betreiberin, 54 Jahre alt, bringt frische Ware direkt per Post und kreiert aus normalerweise entsorgtem Tierhaar nachhaltige Produkte. In ihrem Betrieb können auch Katzenbesitzer ihre gesammelten Haare einsenden.
Die Idee, Tierhaare weiterzuverwerten, zielt darauf ab, einen umweltfreundlichen Beitrag zur Textilindustrie zu leisten. Kürzlich erhielt Böhme einen neuen Karton mit unbekanntem Inhalt, der ganz überraschend einen großen Batzen helles Haar enthielt. Auf einem beigelegten Zettel stand vermerkt, dass es sich um die Unterwolle eines Eurasier handelt. Jedes Paket, das die Firma erhält, bringt neue Überraschungen.
Nachhaltigkeit und Innovation im Tierhaarmanagement
Die Initiative von Böhme ist Teil eines größeren Trends, der auch das Start-up Modus Intarsia umfasst. Die Gründerinnen Ann Cathrin Schönrock und Franziska Uhl haben ähnliche Ziele: Sie produzieren Garn und Strickwaren aus Hundehaaren, insbesondere aus der Unterwolle. Die ursprüngliche Idee entstand, als Ann Cathrins Mutter ihre Hundeunterwolle sammelte, anstatt sie wegzuwerfen. Heute wird diese Unterwolle von Hundehaltern, Züchtern, Salons und Tierheimen gesammelt und an das Unternehmen geliefert.
Modus Intarsia bietet einen Anreiz, indem es zwischen 20 und 40 Euro pro Kilogramm Unterwolle zahlt. Im Jahr 2019 wurden bereits 250 Kilogramm gesammelt, und für 2023 strebt das Start-up an, eine Tonne zusammenzutragen. Diese praktische Lösung spricht nicht nur Tierbesitzer an, sondern auch umweltbewusste Konsumenten.
Die Vorteile von Chiengora
Die Verarbeitung von Unterwolle zu Chiengora, auch bekannt als Hundewolle, bietet mehrere Vorteile: Chiengora ist zu 80 Prozent wärmer als Schafwolle und weicher als Kaschmir. Besonders geeignet sind langhaarige Hunderassen wie Chow Chows, Bernhardiner und Australian Shepherds. Produkte aus Chiengora, die im Online-Shop angeboten werden, starten bei etwa 30 Euro für ein 50-Gramm-Knäuel und werden oft mit Alpaka- und Merino-Wolle kombiniert, um die Elastizität zu erhöhen.
Zusätzlich plant Modus Intarsia, im Spätherbst eine eigene Kollektion sowie eine Crowdfunding-Kampagne zu lancieren. Ein Teil der Einnahmen soll an Organisationen gespendet werden, die sich dem Tier- und Umweltschutz widmen. Dieser ganzheitliche Ansatz zur Nutzung von Tierhaaren könnte einen nachhaltigen Beitrag zur Reduzierung von Abfall in der Textilindustrie leisten.
In Deutschland werden jährlich über 80 Tonnen Unterwolle weggeworfen, und Initiativen wie die von Böhme und den Gründerinnen von Modus Intarsia zeigen, dass es Alternativen gibt. Indem sie Tierhaare aufwerten und kreativ nutzen, wird nicht nur ein wirtschaftlicher Wert geschaffen, sondern auch ein Bewusstsein für umweltfreundliche Praktiken in der Modebranche gefördert.
Für viele Tierliebhaber könnte dies der Anfang einer neuen Ära sein, in der die Pflege und das Wohl ihrer pelzigen Freunde nicht nur Bestandteile des täglichen Lebens sind, sondern auch nachhaltige Möglichkeiten bieten, die über den bloßen Konsum hinausgehen.
Weitere Details zu Conny Böhmes Unternehmen finden Sie auf sueddeutsche.de und weitere Informationen über das Start-up Modus Intarsia auf deine-tierwelt.de.