
Helen Frankenthaler, eine der bedeutendsten Künstlerinnen des Abstrakten Expressionismus, steht im Mittelpunkt einer beeindruckenden Ausstellung im Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden. In der Schau mit dem Titel „Helen Frankenthaler. Move and Make“ sind 32 ihrer Werke zu sehen, die einen tiefen Einblick in das kreative Schaffen der Künstlerin bieten. Die Ausstellung ist bis zum 28. September 2025 geöffnet und beleuchtet neben ihren berühmtesten Arbeiten auch weniger bekannte Stücke.
Geboren am 12. Dezember 1928 und verstorben am 27. Dezember 2011, war Frankenthaler eine der wenigen Frauen, die in der von Männern dominierten Kunstszene der USA eine herausragende Karriere aufbauen konnten. Während ihrer Laufbahn entwickelte sie die innovative „Soak Stained“-Technik, bei der ungrundierte Leinwände intensiv mit Farbe durchtränkt werden. Diese Methode führte zur Entstehung der Farbfeldmalerei und hatte einen grundlegend Einfluss auf andere Künstler wie Morris Louis und Kenneth Noland. Laut faz.net gilt sie zudem als Mitbegründerin dieser stilistischen Richtung.
Einzigartige Techniken und Einflüsse
In ihren Arbeiten kombinierte Frankenthaler Kontrolle mit Spontaneität. Diese duale Herangehensweise ermöglichte es ihr, unbemalte Bereiche der Leinwand als Teil der Komposition zu integrieren. Ihre Leidenschaft für die Natur spiegelte sich in zahlreichen Werken wider, wobei Landschaften eine ständige Inspirationsquelle darstellten. So entstand 1952 ihr monumentales Werk „Berge und Meer“, das durch seine Verwendung von verdünnter Ölfarbe auf ungrundierter Leinwand besticht.
Die Ausstellung zeigt auch frühere Werke wie „Provincetown Harbor“ (1950) und „The Bay“ (1957), die ihre Vorliebe für die Wechselwirkung von Farben und Formen unterstreichen. Ein weiteres interessantes Stück ist „Cave Memory“ aus dem Jahr 1959, das an die Höhlenmalereien der Urgeschichte erinnert. Damit wird die Tiefe Frankenthalers künstlerischen Schaffens verdeutlicht, das nicht nur in den aktuellen Kunstströmungen verankert ist, sondern auch historische Bezüge aufweist.
Der Einfluss der europäischen Kunst
Frankenthalers europäische Wurzeln, ihre Mutter stammt aus Wiesbaden-Igstadt, und der Einfluss europäischer Künstler wie Hans Hofmann und Joseph Albers prägten ihre künstlerische Sichtweise. Ihr Lehrer Hofmann, der aus Weißenburg in Franken stammte, spielte eine Schlüsselrolle in ihrer Entwicklung. Auch die häufigen Reisen nach Europa stärkten ihre Verbindung zur europäischen Kunstgeschichte. „Du gibst nie etwas aus der Vergangenheit auf, niemals“, erinnert ein Zitat in der Ausstellung an ihre philosophische Haltung zur Kunst.
In der heutigen Kunstszene hat der Abstrakte Expressionismus, zu dem Frankenthaler gehört, einen tiefgreifenden Einfluss hinterlassen. Die Bewegung, die vor allem in der New York School der späten 1940er und 1960er Jahre stark vertreten war, stellte Emotion und Spontaneität über Perfektion und Reglementierung. Zu den Hauptvertretern dieser Stilrichtung gehörten auch Künstler wie Jackson Pollock, der mit seiner „Action Painting“-Technik neue Maßstäbe setzte.
Die aus Frankenthalers Schaffenszeit stammenden Werke verdeutlichen die vielfältigen Strömungen und Techniken des Abstrakten Expressionismus. Die Technik des „Soak Stained“ ist nicht nur ein Markenzeichen Frankenthalers, sondern auch ein Ausdruck ihrer tiefergehenden Auseinandersetzung mit Farbe und Form.
Mit der Ausstellung im Museum Reinhard Ernst wird nicht nur das individuelle Werk Frankenthalers gewürdigt, sondern auch ihre Rolle als Pionierin in einer Zeit, in der viele ihrer männlichen Kollegen im Rampenlicht standen, hervorgehoben. Ihr Einfluss auf die nachfolgenden Generationen von Künstlern bleibt unbestritten. Ihre Kunst ist ein bedeutendes Erbe, das weiterhin viele inspiriert.