
In den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen hat die Abkopplung von der russisch-belarussischen Stromleitung (BRELL) zu dramatischen Anstiegen der Strompreise geführt. Seit dem 8. Februar 2023, als die baltischen Länder ihre Verbindung zum russischen Stromnetz aufgaben, stiegen die Kosten für Elektrizität enorm. Aktuelle Daten zeigen, dass die Strompreise in diesen Ländern im Vergleich zu Finnland um das 26-fache höher sind, was auf eine erhebliche Marktveränderung hinweist. Am 26. Februar 2023 lag der durchschnittliche Börsenkurs pro Kilowattstunde bei 13,1 Cent, was 4,5 % über dem Preis vom Montag liegt. Diese plötzlichen Preiserhöhungen kommen als Überraschung, da die baltischen Staaten zuvor bereits Elektrizität aus Finnland, Schweden und Dänemark bezogen hatten, um ihre Energieversorgung zu sichern.
Die Marktbedingungen verschärften sich zusehends nach der Abkopplung, was nicht nur die Verbraucher belastet, sondern auch die industrielle Landschaft in der Region erheblich beeinflusst. Beispielsweise musste ein estnisches Zellstoffwerk aufgrund gestiegener Energiekosten schließen. Der durchschnittliche Stromverbrauch der drei baltischen Länder betrug 2023 etwa 26,7 Terawattstunden. Diese Herausforderungen führen dazu, dass die Verbraucher mit deutlich höheren Stromrechnungen rechnen müssen.
Neue Verbindungen und höhere Preise
Um die Abhängigkeit von Russland zu beenden, haben die baltischen Staaten einen strategischen Schritt unternommen und sich über Polen an das EU-Stromnetz angeschlossen. Laut der Energie-Börse Nord Pool verzeichneten die Strompreise seit der Abkopplung einen steilen Anstieg. Vor dem 8. Februar betrug der Preis für eine Megawattstunde durchschnittlich 62 Euro, während dieser am 9. Februar auf 190 Euro pro Megawattstunde anstieg. Prognosen deuteten sogar auf einen Spitzenwert von 483 Euro hin.
Die unvorhersehbare Preiserhöhung führt auch zu einem Anstieg der Gastarife: In Vilnius beispielsweise stiegen die Preise um 16 %, in Riga um 6 % und in Tallinn um 5 %. Dies ist eine direkte Folge gestiegener Gaspreise und erhöhter Energiesteuern. Der brutto Endkundenstrompreis in den baltischen Hauptstädten zeigt dies deutlich: Vilnius hat 25,46 Eurocent, Riga 23,79 Eurocent und Tallinn 25,14 Eurocent, im Vergleich zu Helsinki mit 17,77 Eurocent.
Politische und wirtschaftliche Implikationen
Die Abkopplung von Russland wurde nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern auch aus politischen Gründen vollzogen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte, dass die letzte verbleibende Verbindung zu Russland nun endgültig gekappt sei. Diese Entscheidung wird als Sieg für die Demokratie angesehen. Litauens Präsident Gitanas Nausėda äußerte sich euphorisch mit den Worten: „Tschüss, Russland! Tschüss, Lenin!“
Der Schritt zur vollständigen Integration der baltischen Staaten ins EU-Stromnetz wurde durch eine gemeinsame Erklärung dieser Länder in einem historisch wichtigen Abkommen bekundet. Ursprünglich sollte die Frist für die Synchronisation mit dem kontinentaleuropäischen Stromnetz bis Ende 2025 gehen, wurde jedoch auf Februar 2025 vorgezogen, was durch umfangreiche EU-Mittel unterstützt wird. Insgesamt wurden 1,6 Milliarden Euro in dieses Projekt investiert, das einen grundlegenden Bestandteil der Energieunion der EU darstellt.
Diese Maßnahmen sollen nicht nur die Energieunabhängigkeit der baltischen Staaten stärken, sondern auch zur Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele der EU beitragen und eine sichere sowie nachhaltige Energieversorgung gewährleisten.
Zusammenfassend zeigt sich, dass die baltischen Staaten durch ihren entschlossenen Schritt, sich vom russischen Stromnetz zu trennen, nicht nur erhebliche wirtschaftliche Herausforderungen bewältigen müssen, sondern auch einen Weg in eine energiepolitisch unabhängige Zukunft eingeschlagen haben. Die Entwicklungen der letzten Monate signalisieren eine neue Ära für die Energieversorgung in der Region.