
Das finale Gutachten über den tragischen Deckeneinsturz im Landgrafenhaus der Universität Marburg liegt nun vor und gibt Aufschluss über die Ursachen des Vorfalls, welcher sich in der Nacht vom 2. zum 3. Dezember 2023 ereignete. Der Gutachter beleuchtet, dass der Einsturz nicht auf eine einzelne Ursache zurückgeführt werden kann, sondern das Resultat eines komplexen Zusammenspiels von Faktoren war. Dazu gehören unter anderem Materialermüdung durch Korrosion in den Stahlstäben und flachen Stahllaschen, die von außen nicht sichtbar waren.
Die korrosiven Prozesse in den tragenden Materialien sind ein bekanntes Problem im Bauwesen. Sie können die Sicherheit und Langlebigkeit von Gebäuden erheblich beeinträchtigen. Der Gutachter erläutert, dass die erhöhten Feuchtigkeit durch Kondensation im Zusammenhang mit der während der Pandemie abgesenkten Heiztemperatur weiter zur Korrosion beitrugen. Zusätzlich kam es zu einer erhöhten Last auf der Decke, bedingt durch Dämmung und Lüftung, die zusammen mit einem schnellen Temperaturabfall in der Nacht des Einsturzes die strukturelle Integrität gefährdeten.
Ursachen des Einsturzes
Die transparente Analyse des Gutachtens beschreibt eine vermutete Kettenreaktion als Grund für das Versagen der Decke. Zunächst versagte eine Aufhängung an einem der Stahlstäbe, was letztlich zum kompletten Einsturz führte. Die Konstruktion der Decke geht auf die Jahre 1915/16 zurück und war in ihrer Art einmalig an der Universität. Im Detail war die Decke an 12 Stahlstäben aufgehängt, von denen 9 Aufhängungen versagten, darunter 8 Stahllaschen und 1 Stab. Die Uneinheitlichkeit der Stahlqualität, diese Materialien waren teilweise im Ersten Weltkrieg produziert worden, stellte ein zusätzliches Risiko dar.
Nach dem Ereignis wurden die tragenden Bauteile einer intensiven statischen Überprüfung unterzogen. Das Ergebnis der Prüfungen zeigt, dass der Großteil des Gebäudes die statischen Anforderungen weiterhin erfüllt. Für die Büro- und andere Räume zur Universitätsstraße wird jedoch erwartet, dass sie im ersten Quartal 2025 wieder bezogen werden können, während kleinere Hörsäle bis zum Wintersemester 2025/26 bezugsfertig sein sollen.
Kosten und Wiederherstellung
Die Kostenschätzung für die Wiederherstellung der Büros und kleineren Hörsäle beläuft sich auf etwa 600.000 Euro. Der große Hörsaal ist derzeit noch nicht abschließend bewertet, da die Planungen diesbezüglich noch nicht weit fortgeschritten sind. Zwar steht fest, dass drei von vier Hörsälen bis zum Wintersemester 2025/26 wieder nutzbar sein sollen, doch die unklare Kostenlage könnte die folgenden Schritte verzögern.
In Anbetracht der vorangegangenen Ereignisse wird nochmals deutlich, wie kritisch die Themen Korrosion und die damit verbundene Materialermüdung im Bauwesen sind. Diese können nicht nur zu strukturellen Problemen führen, sondern auch die Sicherheit von Gebäuden akut gefährden. Die Universität ist nun gefordert, angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um solche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden und das Vertrauen in die Sicherheit ihrer Einrichtungen zurückzugewinnen.