
Die Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) und das biopharmazeutische Unternehmen Infex Therapeutics haben eine bedeutende Förderung in Höhe von über einer Million Euro erhalten. Diese finanzielle Unterstützung erfolgt im Rahmen des PACE-Programms (Pathways to Antimicrobial Clinical Efficacy), das 2023 gegründet wurde, um der zunehmenden Bedrohung durch antimikrobielle Resistenzen (AMR) entgegenzuwirken. Das Hauptziel dieses Projekts ist die Entwicklung eines innovativen BamA-Inhibitors, der gegen multiresistente gramnegative Bakterien gerichtet ist.
Der BamA-Inhibitor könnte eine neue Klasse von Medikamenten darstellen, die speziell für die Bekämpfung gramnegativer Infektionen konzipiert ist. BamA ist eine essentielle äußere Membranproteine in gramnegativen Bakterien, das für das Falten und Einfügen von transmembranären β-Fass-Proteinen verantwortlich ist. Diese spezielle Zielstruktur war bisher als äußerst schwer angreifbar bekannt, jedoch zeigt die Blockierung von BamA vielversprechende Ergebnisse, da sie die Struktur der Bakterien schwächt und das Immunsystem des Körpers bei der Bekämpfung von Infektionen unterstützt.
Forschung und Entwicklung
Prof. Dr. Till Schäberle von der JLU koordiniert die Zusammenarbeit mit Infex Therapeutics, um die Herstellungsprozesse für die aktiven Moleküle zu optimieren und die Entwicklung bestehender Leitstrukturen voranzutreiben. Der Förderungsbetrag wird gezielt eingesetzt, um ein breites Wirkungsspektrum gegen kritische Erreger zu erreichen. Dazu gehören unter anderem die WHO-Kandidaten Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae und Pseudomonas aeruginosa, die gegen viele Antibiotika einschließlich der β-Laktam-Antibiotika resistent sind.
Die PACE-Förderung legt außerdem besonderen Fokus auf die Bekämpfung komplizierter Harnwegsinfektionen (cUTI), die häufig durch multiresistente Erreger verursacht werden. Dr. Clive Mason, Programmdirektor von PACE, hebt die Bedeutung und die Innovationskraft dieser Kooperation hervor, die entscheidend zur Verringerung der AMR-Problematik beitragen kann.
Die Dringlichkeit neuer Antibiotika
Die Notwendigkeit, neue Antibiotika-Klassen zu entwickeln, ist drängend. Nach Angaben eines aktuellen Berichts hat die Antibiotikaresistenz zu einer Zunahme von Krankenhausaufenthalten und Todesfällen geführt, insbesondere bei Infektionen, die durch gramnegative Bakterien verursacht werden. Die letzte neue Antibiotika-Klasse für gramnegative Bakterien wurde vor über 60 Jahren eingeführt, was den wachsenden Mangel an wirksamen Behandlungsmöglichkeiten verdeutlicht.
Die Entwicklung von BamA-Inhibitoren könnte hier Abhilfe schaffen. Jüngste Forschungen haben bereits verschiedene antibakterielle kleine Moleküle, natürliche Produkte, Peptide und Antikörper identifiziert, die die BamA-Aktivität hemmen können. Diese Erkenntnisse untermauern das Potenzial von BamA als Zielstruktur für die Arzneimittelentwicklung und bieten wertvolle Ansätze für die Schaffung neuer therapeutischer Optionen.
Zusätzlich zu den Herausforderungen der Resistenzbildung bei Bakterien zeigen neue Studien, dass das Antibiotikum Darobactin, welches direkt mit dem Proteinrückgrat von BamA interagiert, vielversprechende Ergebnisse liefert. Diese Interaktion macht es für Bakterien schwieriger, durch Mutationen resistent zu werden. In dieser Hinsicht wird die Erforschung der Mechanismen, durch die Darobactin seine Wirkung entfaltet, weiterhin entscheidend sein, um die Entwicklung wirksamer Antibiotika voranzutreiben und der Resistenzbildung aktiv entgegenzuwirken.
Insgesamt verdeutlicht die Zusammenarbeit zwischen der JLU und Infex Therapeutics die führende Rolle der Forschung im Bereich der antimikrobiellen Therapie und das Engagement für innovative Lösungen zur Bekämpfung von Resistenzen in der modernen Medizin.