
In der hessischen Stadt Borken gibt es einen bemerkenswerten Generationswechsel in der traditionellen Fleischerei Kramer. Der langjährige Betreiber Axel Kramer übergab den Familienbetrieb an das junge Ehepaar Alisa und Niklas Stieglitz. Die Fleischerei firmiert nun unter dem Namen Kramer & Stieglitz GmbH & Co KG, und dieser Schritt kommt in einer Zeit, in der viele Metzgereien in Hessen schließen müssen.
Die Übergabe der Fleischerei wurde nach der Hochzeit von Alisa und Niklas Stieglitz im Sommer 2024 konkretisiert. Alisa und Niklas Stieglitz bringen unterschiedliche Erfahrungen in das Unternehmen ein. Während Alisa, die 30 Jahre alt ist, über eine Karriere im Kundenkontakt verfügt – darunter als Managerin in einem Boutique-Hotel in Sydney – hat Niklas, 27 Jahre alt, eine Familientradition im Fleischerhandwerk und absolvierte seine Ausbildung in Oberbayern. Dieses junge Führungsteam tritt in die Fußstapfen des im Sommer 2024 gefeierten 100-jährigen Jubiläums des Traditionsbetriebs.
Herausforderungen der Branche
Trotz der positiven Übernahmepläne ist die Situation für viele Metzgereien in Hessen alarmierend. Laut den Berichten von hessenschau sind jährliche Schließungen von etwa 40 bis 50 Metzgereien ein ernstzunehmendes Problem. Dies geschieht trotz der regionalen Spezialität „Ahlen Wurscht“ und der Liebe der Verbraucher zu lokal erzeugtem Fleisch. Um die Schließungen zu erklären, nennen Experten wie Hans Christian Blumenau vom Deutschen Fleischerverband mehrere Ursachen: sinkender Fleischkonsum, verändertes Einkaufsverhalten und der Fachkräftemangel.
Ein weiteres Beispiel für diese trendbedingten Schließungen ist ein familiengeführter Betrieb in Melsungen, der nach 124 Jahren schließen musste, weil kein Nachfolger zur Verfügung stand. In Wolfhagen ist im selben Zeitraum ebenfalls eine Metzgerei geschlossen. Die Herausforderungen, mit denen Landfleischereien wie die von Sabine Opfer in Ringgau konfrontiert sind, sind schwerwiegend, da sie auch nach neuen Vertriebswegen wie einem Online-Shop und Verkaufswagen suchen müssen, um ihre Zukunft zu sichern.
Ein Lichtblick im Sektor
Vor diesem Hintergrund stellt die Übernahme der Fleischerei Kramer & Stieglitz einen Lichtblick dar. Alle 32 Mitarbeiter wurden übernommen, und Axel Kramer bleibt als angestellter Fleischermeister im Betrieb, um sein Wissen und seine Erfahrung weiterzugeben. Alisa Stieglitz wird die Büroarbeit und die Leitung des Catering-Services „Fettenbrot & Kaviar“ übernehmen, während Niklas Stieglitz für die Produktion und den Vertrieb verantwortlich ist.
Alisa Stieglitz bringt zudem bemerkenswerte Erfolge mit in die neue Verantwortung: Sie hat bei Wettbewerben des Fleischerhandwerks, wie dem Kammersieg in Mittelfranken und dem Bundessieg in Berlin, Auszeichnungen erhalten. Darüber hinaus wurde ihr Meisterbrief mit der Note 1,0 ausgezeichnet, wodurch sie über das notwendige Wissen verfügt, um in der Branche effektiv zu agieren.
Diese individuelle Kombination aus Tradition und frischem Wind könnte der Fleischerei-Branche in Hessen helfen, sich den Herausforderungen zu stellen, die durch den Fachkräftemangel und das geänderte Konsumverhalten entstehen. Fachkräfte werden im handwerklichen Sektor dringend gesucht, und in vielen Fällen stehen Betriebsinhaber vor der Herausforderung, dass ihre Nachfolger fehlen. Laut einer Studie des Zentralverbands des deutschen Handwerks sind zwei Drittel der Metzger über 50 Jahre alt und stehen einem bevorstehenden Ruhestand gegenüber.
Zusammengefasst bringt die Übernahme von Alisa und Niklas Stieglitz in der Fleischerei Kramer Hoffnung auf eine positive Wende in einem von Schwierigkeiten geprägten Markt, während gleichzeitig die Schließungswelle handwerklicher Metzgereien in Hessen und darüber hinaus immer sichtbarer wird. Der Bedarf an persönlichem Kontakt durch die Kunden erweist sich als ein wichtiger Faktor, der möglicherweise den Betrieben helfen kann, die sich auf dem Markt behaupten wollen. Abgesehen von der ständigen Konkurrenz durch Supermärkte und Discounter bleibt die Zukunft der Metzgereien in der Region jedoch unsicher.
Wie Welt berichtet, ist die Lage ebenfalls in Metropolen schwierig, wo die Tradition der Fleischerei oft vom Wandel der Einkaufsgewohnheiten bedroht ist. Der Verlust von zahlreichen Betrieben zeigt, dass der Beruf unter den aktuellen Rahmenbedingungen weniger attraktiv für junge Menschen scheint, was letztlich auch die Branche belastet.