
Die Diskussion um die Sinnhaftigkeit von Hausaufgaben in deutschen Schulen hat an Dynamik gewonnen. Unter dem Titel „Klassenfrage“ fordern führende Politiker der Linken, insbesondere Jan van Aken, die Abschaffung von Hausaufgaben. Diese Form der schulischen Nachbereitung, so die Argumentation, trägt zur ungleichen Bildungslandschaft in Deutschland bei und belastet das Familienleben der Schüler über die regulären Schulstunden hinaus. Eltern erfahren dadurch eine zusätzliche Stressquelle, die oft bis in die Abendstunden reicht, was nicht nur die Kinder, sondern auch das gesamte Familienleben beeinträchtigt. Dies berichtet die Schwäbische.
Die Anforderungen, die die Linke in ihrem Papier formuliert, gehen darüber hinaus. Zu den Forderungen gehört eine gemeinsame Schule bis mindestens zur 10. Klasse sowie ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Sanierung und Ausstattung von Schulen. Zudem wird eine Erhöhung des Personals in Bildungseinrichtungen gefordert, um die Rahmenbedingungen zu verbessern. Das Argument für die Abschaffung von Hausaufgaben basiert auf der Beobachtung, dass Kinder aus Akademikerfamilien bessere Chancen haben, was ihre schulischen Leistungen betrifft. Van Aken betont: „Lernen gehört in die Schule, nicht ins Wohnzimmer“, und argumentiert, dass Hausaufgaben soziale Spaltungen vertiefen.
Reaktionen auf die Forderungen
Die Reaktionen auf die Forderungen der Linken sind unterschiedlich. Daniel Peters, CDU-Landesverbandschef, kritisierte die Initiative scharf und bezeichnete sie als „linksradikalen Klassenkampf“. Er fordert, dass die Entscheidung über Hausaufgaben nicht durch Gesetze geregelt, sondern den Lehrern überlassen werden sollte. Matthias Brodkorb, ehemaliger Bildungsminister, äußerte sich ebenfalls negativ zu den Vorschlägen und nannte sie eine „Blödheit für alle“. Diese kontroversen Positionen zeigen, wie tief die Gräben zwischen den politischen Lagern hinsichtlich der Bildungsfrage sind.
Ein weiterer Blick auf das Thema zeigt die komplexen Zusammenhänge, die soziale Ungleichheit in der Bildung betreffen. Wie die Bundeszentrale für politische Bildung erläutert, bestehen Bildungsungleichheiten in allen Bildungsbereichen. Frühkindliche Bildung, Schulbildung, Berufsausbildung, Hochschulbildung und Weiterbildung sind davon betroffen. Besonders auffällig ist, dass Kinder aus sozial begünstigten Familien am Ende der Grundschule höhere Kompetenzen erreichen als ihre Altersgenossen aus weniger privilegierten Verhältnissen.
Soziale Ungleichheiten im Bildungssystem
Die IGLU-Studie 2016 verdeutlicht diese Unterschiede: Kinder aus der „oberen Dienstklasse“ erzielten einen Leistungsvorsprung von 42 Punkten in Lesekompetenz. Bei der Gymnasialbeteiligung zeigen sich ebenfalls erhebliche Unterschiede, insbesondere bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Diese soziale Ungleichheit zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Bildungssystem. Zudem haben nur etwa 50% der Jugendlichen mit Hauptschulabschluss die Möglichkeit, in eine duale oder schulische Ausbildung einzutreten. Dagegen haben nahezu alle Jugendlichen mit (Fach-)Hochschulreife Ausbildungsplätze sicher.
Insgesamt wird deutlich, dass die Herausforderungen im Bildungssystem nicht nur durch die Frage der Hausaufgaben bestimmt sind. Sie sind eng verbunden mit sozialen Rahmenbedingungen und der Ungleichheit, die sich durch die verschiedenen Bildungsebenen hindurch zieht. Solche Ungleichheiten erfordern dringende Reformen und differenzierte Ansätze, die über die bloße Abschaffung von Hausaufgaben hinausgehen.