
Im Hamburger Hafen wird das Potenzial der Landstromversorgung für Kreuzfahrtschiffe bislang unzureichend genutzt. Eine Anfrage der Linksfraktion hat ergeben, dass zwischen Juli und Dezember 2024 bei einer Gesamtliegezeit von 1.485 Stunden an den Terminals Altona und Steinwerder nur 1.002 Stunden Landstrom bezogen wurden. Dies entspricht einer Nutzung von lediglich 48 Prozent der Anläufe, was auch das Ziel von 180 Anläufen zu Beginn der Landstrom-Offensive im Jahr 2024 verfehlt.
Umweltexperte Stephan Jersch kritisiert diese Diskrepanz vehement. Er argumentiert, dass die Schiffe oft mit laufenden Motoren im Hafenbetrieb bleiben, was die Luftqualität stark belaste. Die Differenz von über 300 Stunden ohne Landstromversorgung ist alarmierend, selbst wenn man Anschluss- und Trennzeiten in Betracht zieht. Ein Sprecher der Hamburger Wirtschaftsbehörde erläutert, dass die Technologie für Landstrom neu und komplex sei, was individuelle Tests und Zertifizierungen für jedes Schiff erfordere.
Herausforderungen der Landstromnutzung
Die Hamburger Hafenbehörde zieht eine gemischte Bilanz zur Landstromnutzung. Während im Mai 2024 bereits 84 Prozent der Kreuzfahrtschiffe im Hafen Landstrom nutzten, bleibt die Frage offen, warum die Nutzung nicht kontinuierlicher geschieht. Technische Defekte und ungünstige nautische Bedingungen, beispielsweise Hochwasser oder Sturm, könnten ebenfalls Hürden darstellen.
Der Senat sieht keinen aktuellen Handlungsbedarf und verweist auf die Erreichung von 48 Prozent der Anläufe, also 129 von 270. Diese soll laut der Hamburg Port Authority (HPA) weiter gesteigert werden, da zumindest die infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen sind. HPA plant, bis 2030 alle wichtigen Liegeplätze mit Landstrominfrastruktur auszustatten, um die Luftbelastung durch Emissionen zu reduzieren und einen klimaneutralen Hafen bis 2040 zu erreichen.
Nachhaltigkeit und Zukunftsperspektiven
Landstromversorgung, auch als Onshore Power Supply (OPS) bekannt, ermöglicht es festgemachten Schiffen, ihre Bordgeneratoren abzuschalten, wodurch Emissionen von Schadstoffen wie NOx, SOx, PM und CO2 nachhaltig gesenkt werden sollen. Diese Entwicklung ist nicht nur lokal wichtig: Die EU hat mit der Initiative „Fit-for-55“ große Häfen verpflichtet, bis 2030 umfassende Landstrominfrastrukturen bereitzustellen. Das Ziel ist auch die Minderung von Lärm- und Emissionsbelastungen in Hafenarealen.
Kreuzfahrtunternehmen, die der Cruise Lines International Association (CLIA) angehören, haben sich zudem verpflichtet, verfügbare Landstromangebote zu nutzen. Bis 2028 werden über 210 Schiffe der CLIA-Flotte landstromfähig sein, was 72 Prozent der Flotte und 74 Prozent der globalen Passagierkapazität abdeckt. Diese Entwicklungen sind entscheidend für eine umweltfreundliche und nachhaltige Schifffahrt.
Insgesamt zeigt sich, dass Hamburg auf einem guten Weg ist, jedoch noch erhebliche Fortschritte notwendig sind, um die Luftbelastung im Hafen zu senken und die Landstromversorgung effizient zu nutzen. Finanzielle Anreize und internationale Standards sind dabei essenziell für einen erfolgreichen Übergang zu einer nachhaltigeren Hafeninfrastruktur. Aktuelle Studien sollen weiterhin die konkreten Energieanforderungen und Kapazitäten für die Verkehrswende im Hafen evaluieren.
Es bleibt abzuwarten, ob Hamburg die Ziele erreichen kann und welche Maßnahmen ergriffen werden, um den Herausforderungen der Landstromnutzung zu begegnen.
Für weitere Informationen lesen Sie die Berichte von T-Online, Vorreiter-Zeitung und Cruising Journal.