
In den jüngsten Bundestagswahlen, die am 23. Februar 2024 stattfanden, zeigte die AfD in Dresden-Gorbitz ein beachtliches Ergebnis. Hier stimmten nahezu 60 Prozent der Wähler für die rechtspopulistische Partei. Dies ist besonders markant, wenn man bedenkt, dass bei der Wahl im Jahr 2021 die CDU noch einen kleinen Vorsprung hatte, während die AfD nun auf knapp 30 Prozent der Zweitstimmen kam. In diesem Stadtteil gibt es erhebliche Unterschiede in der Wählergunst, die sich stark gefärbten Ergebnissen in einzelnen Stadtvierteln widerspiegeln. Beispielsweise erreichte die AfD im Leutewitzer Ring fast 60 Prozent der Zweitstimmen und sogar 61,4 Prozent der Erststimmen. In der Äußeren Neustadt sank der AfD-Anteil hingegen auf nur 6 Prozent. Diese statistischen Unterschiede werfen ein Licht auf die sozialen und wirtschaftlichen Faktoren, die hinter den Wahlentscheidungen stehen.
Die Wahlbeteiligung im Leutewitzer Ring lag bei 41 Prozent, was bedeutet, dass nur 611 von 1490 Wahlberechtigten ihre Stimme abgaben. Diese geringe Wahlbeteiligung könnte auf Frustration innerhalb der Bevölkerung hinweisen. Wolfgang Starke, ein 73-jähriger Wähler, äußert, dass er die AfD aus Protest wählt. Er kritisiert die Verwendung von Geldern für den Ukraine-Krieg statt für notwendige Sanierungen vor Ort. Auch Frank, 46, beklagt sich über die CDU und deren Dialog mit der AfD, was ein häufig geäußertes Gefühl von Desillusionierung und Verärgerung widerspiegelt.
Gesellschaftlicher Kontext und soziale Probleme
Eine Anwohnerin berichtet, dass die hohe Zustimmung zur AfD nicht überrasche, da Armut in der Region sichtbar ist. Diese sozialen Probleme sind auch dem Omse e.V. aufgefallen, einem Verein, der Bildungseinrichtungen betreibt und von städtischen Kürzungen betroffen ist. Der Verein sieht das Wahlergebnis als Hilferuf der Menschen, die sich von den etablierten Parteien nicht mehr vertreten fühlen. Dies verdeutlicht, wie tiefgreifend die sozioökonomischen Probleme in diesem Stadtteil verankert sind.
Jürgen Czytrich vom Stadtplanungsamt äußert sich hingegen optimistisch über die Entwicklung von Gorbitz. Er hebt die positiven Aspekte des Stadtteils hervor und organisiert Events wie das Westhangfest, das bis zu 8000 Menschen anzieht und als friedlich beschrieben wird. Diese Aktivitäten könnten eine Möglichkeit darstellen, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken und den sozialen Zusammenhalt in der Nachbarschaft zu fördern.
Wahlverhalten im Blick
Die Ursachen für das Wahlergebnis sind vielfältig und werden in der Wahlforschung durch einige theoretische Modelle erklärt. Der mikrosoziologische Ansatz betont, dass sozialer Status, Konfession und die Größe des Wohnortes entscheidend für die Wahlentscheidungen sind. Zudem kann der rationale Wahlansatz, der die maximale politische Nutzenoptimierung in den Fokus nimmt, hier hilfreich sein. Wähler suchen oft nach der Partei, die ihnen die größten Vorteile verspricht. Dies könnte auch für viele Wähler der AfD gelten, die sich in einer Zeit unsicherer politischer Verhältnisse nach Stabilität und einer vermeintlich besseren Vergangenheit sehnen.
Wie die Bundeszentrale für politische Bildung beschreibt, ist das Wahlverhalten nicht eindimensional. Es erfordert ein Verständnis für die komplexen Zusammenhänge zwischen individueller Präferenz und sozialen Gegebenheiten. Die AfD, die laut ihrer Plakatkampagne postuliert, dass „früher alles besser war“, spricht gezielt eine Klientel an, die sich an traditionellen Werten orientiert und sich von aktuellen politischen Strömungen abgewendet hat. Die anhaltende Popularität der AfD in bestimmten Stadtteilen deutet auf eine tief verwurzelte Unzufriedenheit mit der politischen Landschaft in Deutschland hin.
Die Plakate, die während des Wahlkampfes verwendet wurden, verdeutlichen die unterschiedlichen Ansätze der Parteien. Die AfD platziert ihre Botschaften strategisch, um die Wähler direkt anzusprechen. Andere Parteien setzen auf verschiedene Themen, wie Arbeit bei der CDU/CSU oder ein starkes Wort bei den Grünen. Die Wahlkampagnen reflektieren nicht nur die politischen Differenzen, sondern auch die sozialen Realitäten in verschiedenen Regionen Deutschlands. Die unterschiedlichen Ansätze und Ergebnisse zeigen auf, dass die Wahl nicht nur eine politische Dimension hat, sondern tief in gesellschaftliche Probleme und Gefühle verwoben ist.
Diese Wahlen in Dresden-Gorbitz könnten als Indikator für tiefere gesellschaftliche Veränderungen betrachtet werden, die weit über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus reichen. Sie zeigen, dass politische Trends und individuelle Wahlentscheidungen stark von lokalem Frust und sozialen Herausforderungen beeinflusst werden.