
Der gesellschaftliche Zusammenhalt in Deutschland ist stark durch die Corona-Pandemie erschüttert worden, wie eine aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt. Vor der Pandemie vertraten 47 Prozent der Befragten die Meinung, dass sie sich auf ihre Mitmenschen verlassen könnten. Nach zwei Jahren Pandemie ist dieser Wert auf nur noch 29 Prozent gesunken. Das Vertrauen in die Politik hat ebenfalls dramatisch abgenommen; fast jeder zweite Deutsche äußert Misstrauen gegenüber den politischen Entscheidern, was eine Verdopplung im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie darstellt. Im Umfeld dieser Veränderungen berichtet der Familienvater Dirk Rosenbaum von einem wachsenden Misstrauen während der Lockdowns. Er und seine Familie haben die Corona-Schutzimpfung abgelehnt und fühlen sich in ihren Grundrechten eingeschränkt, weshalb sie gegen die Stadt Erfurt klagten. Diese Klage wurde nach sechs Monaten zurückgezogen, da ein Urteil keinen Einfluss mehr gehabt hätte.
Rosenbaum schildert, dass Ungeimpfte oftmals als „Abschaum der Gesellschaft“ bezeichnet wurden und in den Medien sowie von Politikern für die Pandemie verantwortlich gemacht wurden. Der als Druckmittel wahrgenommene Schritt des Robert-Koch-Instituts, den Genesenen-Status von sechs auf drei Monate zu verkürzen, verstärkte das Gefühl der Ungerechtigkeit. Ebenso äußert Luisa Schindler, eine Pflegekraft, Ängste vor den möglichen Langzeitfolgen der Impfung und deren Auswirkungen auf ihre Gesundheit und Zukunft.
Gestiegene Skepsis und Verschwörungstheorien
Gleichzeitig zeigt eine Erhebung zu den Einstellungen gegenüber Verschwörungstheorien, dass nur 15 Prozent der Befragten glauben, die Pandemie sei ein Schwindel. Dennoch äußern rund 40 Prozent Zweifel an der Transparenz der Regierung. Es zeigt sich, dass Anhänger von Verschwörungstheorien weniger Vertrauen in politische Institutionen haben. Diese Gruppe nimmt mehr Zerstrittenheit in der Gesellschaft wahr und ist häufig unzufriedener mit der Demokratie. Bei Befragten, die an solche Theorien glauben, berichten 29 Prozent von zerbrochenen Freundschaften, während es unter Nicht-Anhängern nur 9 Prozent sind.
Die gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie sind umfassend. Diese erschöpften gesellschaftlichen Strukturen erfordern eine tiefgehende empirische Forschung in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Achtzehn Projekte analysieren die Herausforderungen, die durch die Pandemie verstärkt wurden. Dabei liegen die Schwerpunkte auf der Effektivität von Krisenbewältigungsmaßnahmen sowie dem Erneuerungsbedarf in Institutionen.
Forschungsinitiativen zur Wahrung des Zusammenhalts
Die Initiativen reichen von der Untersuchung der sozialen Beziehungen während der Pandemie bis hin zur Analyse der Stigmatisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen. So erforscht beispielsweise das Projekt „LoneCOVID“ die langfristigen Entwicklungen sozialer Beziehungen sowie den Einfluss auf das Vertrauen in Politik und Wissenschaft. Zudem konnten Projekte wie „CoESI“ die Veränderungen in der sozialen Integration im höheren Erwachsenenalter untersuchen.
Zusätzlich beschäftigt sich das Projekt „CovStress“ mit den langfristigen Folgen von beruflichen Herausforderungen auf die Gesundheit. Die gesammelten Erkenntnisse sollen dazu beitragen, politische Entscheidungen zu verbessern und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Diese Studien sind von entscheidender Bedeutung, um die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie besser verstehen und bewältigen zu können. Die Ergebnisse könnten nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch politische Entscheidungsträger unterstützen.
Insgesamt zeigt die Situation, dass die Corona-Pandemie nicht nur eine gesundheitliche Krise, sondern auch eine tiefgreifende gesellschaftliche Belastung war, die alle Lebensbereiche berührt hat. Umso wichtiger sind nun gezielte Maßnahmen zur Überwindung der Spaltungen und zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Für weitergehende Informationen zur Thematik der gesellschaftlichen Veränderungen können die Artikel von MDR, Bertelsmann Stiftung und BMBF hilfreich sein.