
Die Herausforderungen in der familienpsychologischen Begutachtung haben in den letzten Jahren zugenommen, besonders in Bezug auf Familien mit Migrationshintergrund. Louisa Arnold, Psychologin und Expertin für angewandte Diagnostik an der FernUniversität in Hagen, beleuchtet diese Problematik im Kontext ihrer Expertenarbeit. Als Sachverständige für familienrechtspsychologische Begutachtungen fordert sie ein schnelles Handeln, sobald das Wohlergehen von Kindern gefährdet ist. Professionelle Gutachten spielen eine entscheidende Rolle, um die Familiensituation zu klären und Lösungen zu finden, die den unterschiedlichen kulturellen Standards Rechnung tragen. Arnold betont, dass die Erstellung eines Gutachtens tiefgehende Gespräche mit den Eltern sowie systematische Beobachtungen der Interaktionen mit den Kindern umfasst. Diese Methodik sei besonders wichtig, um bei der Beurteilung von Familiensituationen kulturelle Unterschiede zu berücksichtigen. Laut FernUniversität Hagen hat der Austausch mit den betroffenen Familien somit eine hohe Priorität.
Vor diesem Hintergrund hat Arnold eine Fachtagung in Leipzig organisiert, die sich gezielt mit dem Thema „Begutachtung und Kinderschutz bei Familien mit Migrationshintergrund“ befasste. Die Veranstaltung richtete sich an Anwälte, Sachverständige, Familienrichter und Mitarbeitende von Jugendämtern. Hierbei wurden die Sprachbarrieren, die oft im Umgang mit Migrantenfamilien bestehen, als besondere Herausforderung identifiziert. Diese Sprachbarrieren können die Kommunikation erschweren und die Notwendigkeit einer kultursensiblen Herangehensweise unterstreichen. Der Umgang mit Vätern aus Migrantenfamilien erweist sich in vielen Fällen als kompliziert, da viele dieser Väter sich in ihrer Rolle als Erziehende unsicher fühlen, insbesondere wenn sie keine Care-Arbeit leisten.
Kultursensible Seminarangebote
Um diese Herausforderungen besser zu adressieren, bietet die Psychologenakademie Seminare an, die sich speziell mit kultursensitiver familienpsychologischer Begutachtung beschäftigen. In diesen Seminaren werden grundlegende und praktische Aspekte behandelt, die für die Arbeit mit Familien mit Migrationshintergrund relevant sind. Die Inhalte umfassen unter anderem kultursensitive Kommunikation, die Anwendbarkeit von diagnostischen Normen sowie die Bewertung gesellschaftlicher Unterschiede. Besonders relevant sind die etwa ein Viertel der Bevölkerung Deutschlands betroffenen Familien mit Migrationshintergrund, die spezifische Probleme in Partnerschaft und Kindererziehung aufweisen.
Die Seminarinhalte fördern auch ein besseres Verständnis für kulturspezifische und globale Bewertungskriterien im Kontext familiengerichtlicher Fragestellungen. Die Teilnehmer werden nicht nur mit den Herausforderungen des deutschen Wertesystems in Kontakt gebracht, sondern auch mit der Notwendigkeit, eigene Vorurteile und implizite Normvorstellungen zu reflektieren. Praktische Übungen und Fallbeispiele tragen dazu bei, dass die Teilnehmenden die erlernten Konzepte in die Praxis umsetzen können.
Wissenschaftliche Grundlage und weitere Bildung
Die vermittelten Inhalte der Seminare basieren auf einer fundierten wissenschaftlichen Grundlage. Empfehlungen zur Literatur umfassen Werke wie „Psychologische Sachverständigengutachten im Familienrecht“ von H.A. Castellanos und „Andere Völker andere Erziehung“ von E. Renner. Dieses Wissen dient den Praktizierenden zum besseren Verständnis der kulturellen Dynamiken im Familienrechtsbereich. Die Psychologenakademie hebt zudem hervor, dass Vorerfahrungen in der familienpsychologischen Begutachtung für die Teilnahme an den Seminaren wünschenswert sind, um die Qualität der Diskussion und die Tiefe des Lernens zu erhöhen.
Insgesamt zeigt sich, dass die Sensibilisierung und Weiterbildung in diesem Bereich von höchster Bedeutung sind. Die regelmäßige Überprüfung der Qualität der familienpsychologischen Gutachten ist notwendig, um dem zunehmenden Bedarf gerecht zu werden und die Rechte von Kindern und Familien in Deutschland zu schützen.