
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat sich in einem aktuellen Podcast des Magazins „Politico“ zu den Differenzen zwischen der SPD und der Union in der Migrationspolitik geäußert. Sie betont, dass die beiden Parteien nicht weit auseinanderliegen, besonders in Bezug auf die Reduzierung von Migration, insbesondere der irregulären Migration. Mit dem Hinweis auf bereits 44.000 Zurückweisungen an den deutschen Grenzen seit Oktober 2023, macht sie deutlich, dass auch die SPD eine restriktivere Migrationspolitik verfolgt. Gleichzeitig kritisiert sie die Pläne von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz, alle Migranten ohne gültige Einreisepapiere zurückzuweisen, als europarechtlich nicht haltbar. Dies steht im Kontext des nicht funktionierenden Dublin-Systems, das eigentlich die Rücküberstellung von Asylbewerbern in andere EU-Länder regeln sollte und in der aktuellen Lage kaum praktikabel ist, so Faeser.
Friedrich Merz argumentiert, dass die Dublin-III-Verordnung in der gegenwärtigen Situation nicht mehr anwendbar sei. Er bezeichnet das europäische Asylrecht als „dysfunktional“ und stützt seine Argumentation auf Artikel 72 des Lissabonner Vertrages, der den Mitgliedstaaten das Recht zuspricht, Maßnahmen zur Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu ergreifen. Merz möchte auf Grundlage dieser Auslegung zurückweisen und stellt die Frage in den Raum, ob diese Sichtweise vor dem Europäischen Gerichtshof Bestand hätte. Die bisherigen Versuche anderer EU-Staaten, vom EU-Migrationsrecht abzuweichen, sind gescheitert, da diese eine überzeugende Rechtfertigung für ihre Sicherheitsbedenken liefern müssen, indem sie die realen Gegebenheiten und Statistiken berücksichtigen.
Europäischer Kontext der Migrationspolitik
Die Herausforderungen der Migrationspolitik sind nicht neu und wurden insbesondere durch die Flüchtlingskrise 2015-2016 verstärkt. Diese hat die Mängel der Dublin-III-Verordnung hervorgehoben, die ursprünglich 1990 zur Regelung der Verantwortlichkeiten für Asylanträge eingeführt wurde. In dieser Zeit vervierfachte sich die Zahl der Asylbewerber in der EU mit 2,5 Millionen Anträgen allein in den Jahren 2015 und 2016. Deutschland war 2018 der Hauptanlaufpunkt mit 184.180 Anträgen.
Die Europäische Kommission erkennt an, dass das Dublin-System einige Mitgliedstaaten überlastet und reformbedürftig ist. Der Vorschlag zur Reform der Dublin-III-Verordnung liegt jedoch seit Jahren blockiert auf dem Tisch. Dieses System sieht auch vor, dass die Registrierung im Eurodac-System zwingend ist, aber vielen Migranten gelingt es, unerkannt einzureisen.
Rechtslage und geplante Maßnahmen
Die Rechtslage rund um die Migration und das Asylrecht ist komplex. Das Asylgrundrecht schützt vor Zurückweisungen, jedoch gilt dies nicht für Personen, die aus sicheren Drittstaaten einreisen. Merz plant, Rückweisungen直接 an der Grenze vorzunehmen, während die SPD und die Grünen vor den verfassungsrechtlichen Konsequenzen solcher Maßnahmen warnen und auf das Asylgrundrecht hinweisen. Die Diskussion über die Zukunft der deutschen Migrationspolitik bleibt damit nicht nur auf politischer, sondern auch auf rechtlicher Ebene weiterhin angespannt.