
Heute steht Daniela Klette, eine 66-jährige ehemalige Terroristin der Rote Armee Fraktion (RAF), vor dem Landgericht in Verden. Ihr Fall wirft Fragen auf, nicht nur über ihre individuelle Rolle in einem der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte, sondern auch über die Erbschaft des politischen Extremismus in Deutschland. ZVW berichtet, dass Klette beschuldigt wird, an mindestens 13 Raubüberfällen beteiligt gewesen zu sein.
Die Verhandlung findet aus Sicherheitsgründen im Staatsschutzsaal in Celle statt. Klette, die jahrzehntelang untergetaucht lebte und 1990 verschwunden war, gilt heute als eine der letzten bedeutenden Figuren dieser Terrororganisation. Ihre Akte umfasst über 600 Seiten, was einen umfassenden Blick auf ihr kriminelles Wirken und die Schwere ihrer Taten erlaubt.
Die Anklage und der Hintergrund
Die Staatsanwaltschaft wirft Klette versuchten Mord sowie unerlaubten Waffenbesitz vor. Ihre mutmaßliche Verstrickung in Raubüberfälle zwischen 1999 und 2016 hat einen Gesamtschaden von 2,7 Millionen Euro verursacht. Bei diesen Überfällen kam es häufig zu Gewalt und Drohungen, bei denen Elektroschocker und Schusswaffen eingesetzt wurden.
Ein Überfall auf einen Geldtransporter in Stuhr im Juni 2015 wird als versuchter Mord eingestuft. In der Wohnung von Klette fanden Ermittler neben Bargeld und Gold auch Waffen und eine Attrappe einer Handgranate. DNA-Spuren an Fluchtfahrzeugen scheinen die Beweise zu untermauern, was die Verteidigung jedoch bestreitet und auf das Fehlen eindeutiger Beweise für Klettes Anwesenheit an den Tatorten hinweist.
Klette wurde im Februar 2024 in Berlin festgenommen, wo sie bis dahin als freundliche Nachhilfelehrerin in Berlin-Kreuzberg lebte, von Nachbarn als unauffällig beschrieben.
Die Raf und ihre Geschichte
Die Rote Armee Fraktion, auch Baader-Meinhof-Bande genannt, entstand aus der Studentenbewegung der späten 1960er Jahre. Sie entwickelte sich in der Bundesrepublik Deutschland als eine Reaktion auf wahrgenommene gesellschaftliche Ungerechtigkeiten und beeinflusste die politischen Proteste, die gegen die Regierung gerichtet waren. Die große Koalition zwischen CDU und SPD 1966 führte zu einer Mobilisierung von Jugendlichen, die die Regierung als unfähig betrachteten, auf gesellschaftliche Probleme zu reagieren. Diese Protestbewegungen beeinflussten einen Großteil der politischen Auseinandersetzungen, die in den folgenden Jahren stattgefunden haben.
Erste gewaltsame Aktionen der RAF, die ab 1970 stattfanden, wie Banküberfälle in Berlin, läuteten eine Ära des Terrorismus ein, die in den 1980er Jahren nicht in allen Aspekten weniger gewaltsam wurde. Die RAF strebte eine europäische Guerillabewegung an und nutzte dabei Untergrundzeitungen, um ihre Ideologie und Ziele zu propagieren. Diese Informationsverbreitung stattete sie mit einer besonder Bedeutung im historischen Kontext des deutschen Terrorismus aus, der unterschiedliche Reaktionen von Sicherheitsbehörden hervorrief.
Der Prozess gegen Daniela Klette, dessen Termine bis Dezember angesetzt sind, wird voraussichtlich länger dauern und könnte möglicherweise auch Anklagen in Bezug auf ihre Rolle bei RAF-Anschlägen nach sich ziehen. Die gesellschaftliche Debatte über den Terrorismus in Deutschland ist damit intensiver denn je und ihre Entwicklung wird nicht nur rechtliche, sondern auch emotionale und politische Implikationen nach sich ziehen.