
Alena Buyx, die während der Corona-Pandemie Vorsitzende des Deutschen Ethikrates war, hat jüngst ein neues Buch mit dem Titel „Leben und Sterben“ veröffentlicht. Im Rahmen eines Interviews äußert sie persönliche Ängste, insbesondere die Furcht vor dem Tod ihrer Angehörigen, jedoch nicht vor ihrem eigenen Tod. In Deutschland sterben über 70% der Menschen in einer Einrichtung des Gesundheitswesens und fast 11% unter künstlicher Beatmung. Diese Zahlen wirft Buyx in ihrem Buch auf und fordert eine zu überdenkende Herangehensweise an den Tod.
Ein zentraler Aspekt ihrer Argumentation ist die Bedeutung einer Patientenverfügung. Buyx empfiehlt, sich frühzeitig mit diesem Thema auseinanderzusetzen und hat selbst eine aktualisierte Verfügung. Sie äußert Zweifel am aktuellen Hype um Langlebigkeit, da viele der angebotenen Maßnahmen für wenig wirksam oder sogar gefährlich gehalten werden. Stattdessen plädiert sie für gesunde Lebensgewohnheiten, zu denen nicht Rauchen, wenig Alkohol, eine pflanzenreiche Ernährung, Bewegung, ausreichend Schlaf, das Pflegen sozialer Beziehungen und Stressreduktion gehören.
Technologischer Fortschritt und ethische Verantwortung
Buyx lehnt technologische Eingriffe, wie das Implantieren eines Chips durch Elon Musks Firma Neuralink, entschieden ab. Sie betont, dass neue Medizintechnologien nicht dazu gedacht seien, dass Ärzte „Gott spielen“. Diese Haltung steht in einem Kontext, der progressiven Entwicklungen im Gesundheitswesen und der Digitalisierung Raum gibt, jedoch auch kritische Fragen hinsichtlich ihrer ethischen Implikationen aufwirft. Der Deutsche Ethikrat hat zuletzt eine Stellungnahme zur Zukunft der genetischen Diagnostik vorgelegt, in der er darauf hinweist, dass der Zugang zu genetischer Diagnostik durch sinkende Kosten und schnellere Analysen zunehmend einfacher wird. Dies erhöht jedoch auch das Risiko von Fehlinterpretationen.[2]
Ein zentraler Punkt der Stellungnahme sind die Empfehlungen zur Verbesserung der Information und Ausbildung im Gesundheitswesen über Gentests. Außerdem wird eine Änderung des Gendiagnostikgesetzes gefordert, um hohe Standards bei Aufklärung und Beratung sicherzustellen. Insbesondere in der Pränataldiagnostik wird eine hohe gesellschaftliche Wertschätzung für Eltern, die ein Kind mit Beeinträchtigung erwarten, als notwendig erachtet.
Gesellschaftliche Herausforderungen und ethische Überlegungen
In ihrem Buch diskutiert Buyx zudem die Auswirkungen der Pränataldiagnostik. Sie äußert Bedenken hinsichtlich der Stigmatisierung von Menschen mit Behinderungen und betont, dass Schwangerschaftsabbrüche nicht in der Absicht erfolgen, Menschen zu kränken. Dies spiegelt sich auch in den Empfehlungen des Ethikrates wider, der betont, dass genetische Pränataldiagnostik an erhöhte Risiken für genetisch bedingte Störungen gebunden sein sollte. Zudem spricht sich der Ethikrat für eine Entlastung der betroffenen Familien aus.[2]
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Präimplantationsdiagnostik (PID), die genetische Diagnostik an menschlichen Embryonen ermöglicht. Während PID in Deutschland grundsätzlich verboten bleibt, gibt es Ausnahmen in Fällen schwerer Erbkrankheiten. Hier wird von verschiedenen Institutionen eine differenzierte Diskussion gefordert, obwohl es Studien gibt, die eine eng begrenzte Zulassung in Einzelfällen befürworten.[3]
Alena Buyx, die 2021 mit dem Deutschen Nationalpreis und 2024 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, ist Professorin für Ethik der Medizin und Gesundheitstechnologien an der Technischen Universität München. In ihrer Rolle als Expertin für ethische Fragestellungen im Gesundheitswesen betont sie die Notwendigkeit von Aufarbeitung und Verzeihen nach der Corona-Krise und äußert Besorgnis über den Erfolg der AfD und deren Ideologien. Buyx ist verheiratet und hat zwei Söhne.