
Im Karlsruher Zoo erfreut sich ein neugeborenes Eisbär-Baby großer medialer Aufmerksamkeit. Die ersten Bilder des kleinen Eisbären wurden heute veröffentlicht. Der Zoo hält derzeit die einzigen Eisbären in Baden-Württemberg, nachdem die Wilhelma in Stuttgart seit 2018 auf die Haltung dieser Tiere verzichtet hat. Die Geburt des Eisbär-Babys wurde bereits im November 2023 erwartet und die Zooverantwortlichen bestätigten Mitte Januar 2024, dass es dem Tier gut gehe. Eisbären sind in deutschen Zoos ein emotionales Thema, was die teils umstrittene Haltung betrifft.
Die Diskussion über die ethische Vertretbarkeit der Eisbärenhaltung wird sowohl von Zoos als auch von Tierschutzorganisationen wie Peta geführt. Während Zoos argumentieren, dass ihre Eisbärenhaltung zur Erhaltung der Spezies beiträgt, kritisiert Peta die Bedingungen der Tiere als „artwidrig“. Sie weisen darauf hin, dass die durchschnittliche Größe eines Eisbärengeheges nur etwa ein Millionstel des natürlichen Reviers eines Eisbären umfasst. Eisbären sind Einzelgänger mit einem Streifgebiet von mehreren Hundert bis Tausenden Quadratkilometern, und können am Tag bis zu 30 Kilometer zurücklegen. Diese Enge führt oft zu Bewegungsmangel und Verhaltensstörungen unter den Tieren.
Verhaltensauffälligkeiten und Nachzuchtproblematik
Berichte zeigen, dass zwischen 55 und 77 Prozent der in Zoos gehaltenen Eisbären Verhaltensstörungen aufweisen. In einer Untersuchung von Peta aus dem Jahr 2008 zeigten 24 von 34 Eisbären stereotype Verhaltensweisen wie Im-Kreis-Laufen und Kopfwippen. Zudem wird die Nachzucht in Zoos kritisch hinterfragt, da seit 2005 in deutschen Zoos 32 Eisbären geboren wurden, von denen nur 14 überlebten. Die Sterblichkeitsrate bei Eisbärenbabys in Zoos ist alarmierend hoch und ähnelt der in freier Wildbahn, obwohl die Bedingungen in den Zoos meist als besser beschrieben werden.
Der Karlsruher Zoo plant derzeit keinen Ausstieg aus der Eisbärenhaltung und beteiligt sich weiterhin am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) für Eisbären. Es wird sogar eine Auswilderung von Eisbären aus der Erhaltungszucht als Möglichkeit in Betracht gezogen. Interessanterweise lebt im Karlsruher Zoo der genetisch wertvollste Eisbär des EEP. Im Jahr 2023 erhielt der Zoo eine Zuchtempfehlung, was das Engagement für die Zuchtprogramme verstärkt. Dennoch bleibt abzuwarten, welche Herausforderungen und ethischen Fragen diese Initiativen mit sich bringen werden.
Kritik an Haltungsbedingungen
Zusätzlich zur Nachzuchtproblematik gibt es zahlreiche Berichte über die unzureichenden Haltungsbedingungen in vielen Zoos. Eisbären leiden oft unter der Hitze in Deutschland, wo Temperaturen von bis zu 40 Grad erreicht werden können. Um dies zu kompensieren, müssen die Zoos viel Energie aufwenden, um die Gehege zu kühlen. Dies wirft Fragen zur Nachhaltigkeit und Tiergerechtigkeit auf. Der Deutsche Tierschutzbund weist darauf hin, dass in den letzten zehn Jahren nur jedes dritte Jungtier in deutschen Zoos überlebt hat, was als Indiz für die Schwierigkeiten der Eisbärenhaltung betrachtet wird.
Wie viele andere Zoos in Deutschland sieht auch der Karlsruher Zoo seine Aufgaben in der Aufklärung über Arten- und Klimaschutz und versucht, mit dem neuen Eisbär-Nachwuchs darauf aufmerksam zu machen. Dennoch bleibt die Frage der artgerechten Haltung von Eisbären in Zoos schwieriger denn je, und die Stimmen gegen die Haltung dieser majestätischen Tiere werden immer lauter. Das Spannungsfeld zwischen artgerechter Tierhaltung und der Erhaltung von Arten wird weiterhin in der öffentlichen Diskussion stehen.
Für weitere Informationen zu diesem Thema können Sie die ausführlichen Artikel auf SWR, Peta und FAZ lesen.