
In der Oberschule Schönau/Siegmar in Chemnitz ist die Situation bezüglich des Physikunterrichts kritisch. Karsten Schott, der amtierende Schulleiter der Einrichtung, spricht von einer unhaltbaren Lage, die sich seit dem Weggang des Physiklehrers im Januar ergibt. Seitdem erhalten die 6. und 7. Klassen Unterricht von fachfremden Lehrern, während der Physikunterricht für die 8. und 9. Klassen vollständig entfällt. Lediglich für die 10. Klassen konnte ein Ersatz durch einen Lehrer von einer anderen Schule gefunden werden. Schott bezeichnet diese Umstände als „katastrophal für die Schüler“ und sieht dringenden Handlungsbedarf.
Um diesem Lehrermangel entgegenzuwirken, hat der Vater eines Schülers einen ungewöhnlichen Schritt unternommen. Er brachte einen Aushang an einer lokalen Tankstelle in Chemnitz an, der dringend nach einem Physiklehrer für die Oberschule sucht. In dieser Anzeige wird betont, dass Bewerber idealerweise eine Ausbildung oder ein Studium in einem technischen Beruf nachweisen sollten. Außerdem sollten sie Liebe zu Kindern, pädagogisches Geschick und solide physikalische Grundkenntnisse mitbringen. Schulleiter Schott hat die Initiative des Vaters begrüßt und unterstützt den Einsatz unkonventioneller Methoden zur Rekrutierung von Lehrkräften.
Lehrermangel als bundesweites Problem
Der Lehrermangel ist nicht nur ein lokales Problem in Chemnitz, sondern betrifft viele Schulen in Deutschland. Eine aktuelle Umfrage des VBE zeigt, dass an jeder zweiten Schule die Stellen für Lehrkräfte nicht vollständig besetzt sind. Insbesondere in Bundesländern wie Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern ist der Anteil der älteren Lehrkräfte alarmierend. Über 36,2 Prozent der Lehrkräfte bundesweit sind älter als 50 Jahre, wobei in Sachsen-Anhalt 57,1 Prozent der Lehrkräfte dieser Altersgruppe angehören. Diese Zahlen verdeutlichen die Herausforderung, jungen und qualifizierten Lehrkräften eine Perspektive zu bieten.
Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Zahl der Lehramtsabsolventen mit Master- oder Staatsexamensabschluss rückläufig ist. Im Prüfungsjahr 2022 konnten nur 28.700 Studierende die Abschlüsse erfolgreich ablegen, was einem Rückgang von 10,5 Prozent im Vergleich zu den letzten zehn Jahren entspricht. Während die Zahl der Studienanfänger im Lehramtsstudium im Jahr 2023 um 2,4 Prozent stieg, bleibt der generelle Trend besorgniserregend, da die Nachfrage nach Lehrkräften unverändert hoch ist.
Um dem Lehrermangel entgegenzuwirken, plant der Bildungsrat, Maßnahmen wie eine temporäre Kürzung der Stundentafel und Reformen in der Lehrerbildung umzusetzen. Ein Manifest mit neun Forderungen an die Politik wurde bereits am 31. Januar 2024 veröffentlicht, um auf die Dringlichkeit dieser Problematik aufmerksam zu machen.
In Anbetracht der verschiedenen Ansätze, die in Chemnitz und anderen Städten verfolgt werden, wird deutlich, dass der Lehrermangel weiterhin eine zentrale Herausforderung im deutschen Bildungssystem darstellt. Ob die unkonventionellen Methoden zur Rekrutierung von Lehrkräften, wie sie in Chemnitz angewandt werden, ausreichen werden, bleibt abzuwarten.