
In Deutschland erfreut sich das belegte Brot, auch bekannt als Stulle, zunehmender Beliebtheit. Diese Form der schnellen und unkomplizierten Ernährung wird nicht nur als kulinarisches Kulturgut geschätzt, sondern auch als praktisches Mittel zur Kostensenkung. Laut einer aktuellen Umfrage von YouGov greifen rund 30 % der Erwachsenen in Deutschland auf die Stulle zurück, um Geld zu sparen. Bei den 18- bis 44-Jährigen liegt dieser Anteil sogar bei 43 %, während nur 19 % der über 55-Jährigen dasselbe tun. Diese Rückkehr zur Stulle fällt zeitlich zusammen mit den steigenden Lebenshaltungskosten, die viele Haushalte dazu zwingen, ihre Essgewohnheiten zu überdenken. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheiten symbolisiert das Butterbrot nicht nur Bescheidenheit, sondern auch eine Art Selbstermächtigung, wie der Ernährungssoziologe Stefan Wahlen erläutert.
Belegte Brote, vielfach auch „Bütterken“ oder „Bemme“ genannt, haben eine lange Tradition in Deutschland. Sie werden zu verschiedenen Tageszeiten genossen: ob zum Frühstück, als Zwischenmahlzeit, Mittagssnack oder Abendbrot. In vielen deutschen Haushalten ist die Stulle fester Bestandteil des Essensplans. Eine Umfrage zeigt, dass 82,9 % der Deutschen regelmäßig belegtes Brot konsumieren. Besonders beliebt ist es zum Frühstück, wo 30,32 % der Befragten angeben, täglich ein belegtes Brot zu essen. Abends liegt dieser Anteil bei 22,58 %.
Beliebte Beläge und Ernährungsgewohnheiten
Die Belegung der Stulle zeigt ein eindeutiges Favoritenfeld: Schnittkäse führt die Liste der beliebtesten Beläge an, gefolgt von Tomaten, Frischkäse und Weichkäse. Auf dem mittleren Rang befinden sich Wurstaufschnitte und Marmelade, während pflanzliche Wurstalternativen und Aufstriche wie Hummus weniger gefragt sind. Die Vorliebe für bestimmte Brotsorten ist ebenfalls interessant: Vollkornbrot wird am häufigsten gewählt, gefolgt von Mehrkornbrot und Roggenbrot. Für viele ist das belegte Brot eine pragmatische Lösung, um schnell eine nahrhafte Mahlzeit zuzubereiten.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat festgestellt, dass die Deutschen zunehmend Wert auf hochwertige Lebensmittel legen. Im Ernährungsreport 2024 gaben 91 % der Befragten an, dass ihnen gesunde Ernährung wichtig ist. Diese Trendwende könnte auch die Entscheidung beeinflussen, die Stulle wieder populär zu machen, da viele Verbraucher ihr Augenmerk auf frische, gesunde Zutaten richten.
Gesellschaftlicher Kontext und Nostalgie
Die Kunst- und Kulturhistorikerin Irene Krauß hebt hervor, dass Stullen unkompliziert sind und lange sättigen. Diese Einfachheit verbindet traditionelle Ernährungsmuster mit modernen Lebensstilen. Zudem zeigt eine weitere Umfrage, dass 37 % der 18- bis 44-Jährigen den Avocadobrot-Trend favorisieren, während unter den über 55-Jährigen nur 17 % diesen Belag bevorzugen. Veganismus ist ebenfalls auf dem Vormarsch: Fast ein Drittel der 35- bis 44-Jährigen greift bei Käsebroten zu veganen Alternativen, verglichen mit nur jedem zwanzigsten Befragten über 55.
Die Rückkehr zur Stulle ist also nicht nur ein Modetrend, sondern spiegelt auch einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel wider. In einer Welt, in der der Fokus auf Qualität und Nachhaltigkeit immer wichtiger wird, zeigt sich die Stulle als zeitloses Lebensmittel, das sowohl Genuss als auch wirtschaftliche Erwägungen miteinander verknüpft. Die Nostalgie, die viele mit der Stulle verbinden, spielt eine wesentliche Rolle in ihrer Wiederentdeckung, da sie häufig mit Kindheitserinnerungen assoziiert wird.
Die zahlreichen Facetten der deutschen Esskultur, von der Stulle über die Beachtung von Tierwohllabels bis hin zu einem erhöhten Interesse an regionalen Produkten, verdeutlichen, dass die deutsche Ernährungstradition dynamisch bleibt. Die Stulle könnte somit nicht nur das Herzstück einer neuen Bescheidenheit darstellen, sondern auch ein Zeichen dafür, dass einfache, selbstgemachte Mahlzeiten in der Gesellschaft an Bedeutung gewinnen.