
Die politische Landschaft Deutschlands könnte sich erneut verändern. Die Linke, die im vergangenen Jahr mit nur etwa drei Prozent der Stimmen in Umfragen konfrontiert war, könnte laut aktuellen Erhebungen auf etwa sechs Prozent zulegen. Dieses Comeback kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Partei nicht nur eine Rekordzahl an Mitgliedern verzeichnet, sondern auch junge Wähler, insbesondere in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen, für sich gewinnen konnte. In dieser Gruppe hat die Linke die AfD überholt und teilt sich mit den Grünen die Beliebtheit, mit jeweils 19 Prozent der Stimmen, so Schwäbische berichtet.
Diese Wende könnte von der wachsenden sozialen Unzufriedenheit in der Bevölkerung unterstützt werden. Rund 60 Prozent der Erwerbstätigen und Arbeitssuchenden sind der Meinung, dass der Staat zu wenig gegen soziale Ungleichheit unternimmt. Viele von ihnen sehen in der SPD keine treibende Kraft mehr für den sozialen Wandel. In diesem Kontext hat sich die Linke das Thema Soziales stark zu eigen gemacht. Ihre zentralen Forderungen umfassen die Abschaffung der Schuldenbremse, ein Ende der Milliardärsprivilegien sowie eine Erhöhung der Steuern für Reiche. Zudem positioniert sich die Partei klar für Frieden in der Ukraine und gegen Waffenlieferungen, was sich von den Positionen der Grünen abgrenzt.
Bundesparteitag als Trendsetter
Der Bundesparteitag der Linken, der am 18. Januar 2025 in Berlin stattfand, stellt einen weiteren Schritt in diese Richtung dar. Während des Parteitags wurden die Herausforderungen der Partei besprochen und Wege zur Überwindung von Krisen und Umfragetiefs aufgezeigt. Gregor Gysi betonte die Erkenntnis eigener Fehler und die wachsende Zustimmung, die die Linke in der Wählerschaft erlebt. Trotz eines massiven Mitgliederverlustes nach dem Austritt von Sahra Wagenknecht, der 8.000 Mitglieder betraf, traten 17.500 neue Mitglieder ein, was die Mitgliederzahl stabilisiert hat, so Tagesschau.
Ein zentrales Anliegen des Parteitags war der Fokus auf Sozialthemen. Die Linke strebt etwa an, einen Mietendeckel einzuführen sowie die Mehrwertsteuer auf Grundlebensmittel abzuschaffen. In der Gesundheitsversorgung wird gefordert, dass Krankenhäuser nicht profitorientiert arbeiten, finanziert durch eine Vermögenssteuer. Die Auftragssituation der Partei wird auch durch gezielte Ansprachen über soziale Medien deutlich, die jüngere Wähler ansprechen sollen.
Soziale Ungleichheit als Herausforderung
Der Kontext für diese politische Wende ist nicht zuletzt die steigende soziale und wirtschaftliche Ungleichheit in Deutschland. Statistiken zeigen, dass 17,8 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben und die Armutsquote einen Höchststand erreicht hat. Die Ungleichheit nimmt zu und die Spannungen in der Gesellschaft wachsen. Der Gini-Koeffizient, der die Einkommensverteilung misst, ist von 0,28 im Jahr 2010 auf 0,31 im Jahr 2021 gestiegen, was auf eine zunehmende Ungleichheit hinweist. Das zeigt sich auch im Einkommensquintilsverhältnis, wo das Einkommen des obersten Fünftels 4,7-mal so hoch ist wie das des untersten Fünftels, wie Böckler berichtet.
Die Pandemie und der Ukrainekrieg hatten bislang weniger Auswirkungen auf das Einkommen als befürchtet. Dennoch leidet besonders die ärmere Bevölkerung unter der hohen Inflation, die Lebensmittel- und Energiekosten steigen lässt. Diese Entwicklungen verstärken das Gefühl der Ungerechtigkeit und der politischen Entfremdung. Es drängt somit die Notwendigkeit, die Argumente der Linken im Bundestag zu stärken, um der sozialen Desintegration entgegenzuwirken.