
Im Jahr 2024 hat die deutsche Industrie einen signifikanten Stellenabbau verzeichnet. Fast alle großen Branchen waren betroffen, mit einem Rückgang von 68.000 Stellen im Verarbeitenden Gewerbe, was einem Rückgang von 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht, wie tagesspiegel.de berichtet. Diese Entwicklung ist besonders besorgniserregend, da die Zahl der Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe seit 2018 um insgesamt 172.000 Personen gesunken ist, ein Rückgang von 3 Prozent. Im Zehnjahresvergleich, seit 2014, sieht die Lage etwas besser aus, da hier ein Anstieg von 185.000 Beschäftigten oder 3,5 Prozent verzeichnet werden kann.
Die Gründe für diesen Rückgang sind vielfältig. Das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) betont, dass geopolitische Verschiebungen die deutsche Industrie stark unter Druck setzen. Vor allem die Bestrebungen von China und den USA, ihre heimische Industrie zu stärken, haben Auswirkungen auf den deutschen Markt. Insbesondere der Druck durch US-Präsident Donald Trump, der hohe Zölle auf Importe ankündigen könnte, stellt die Auto- und Maschinenbauer vor erhebliche Herausforderungen.
Branchenübergreifende Rückgänge und Strukturwandel
Besonders besorgniserregend ist der Rückgang der Beschäftigung in verschiedenen Industriezweigen. So verzeichneten die Hersteller von elektrischen Ausrüstungen einen Rückgang von 3,6 Prozent. Auch die Metallindustrie musste mit einem Minus von 2,9 Prozent und die Kunststoff- und Autoindustrie mit jeweils 2,4 Prozent Rückgängen kämpfen. Im Maschinenbau, der größten Branche Deutschlands, betrug der Rückgang 1,2 Prozent. Geringere Abgänge wurden hingegen in der chemischen Industrie und bei der Metallerzeugung beobachtet, wo der Rückgang bei 0,7 Prozent lag, sowie bei Datenverarbeitungsgeräten und optischen Erzeugnissen mit 0,4 Prozent. Die Nahrungsmittelindustrie hingegen konnte einen Zuwachs von 1,8 Prozent verzeichnen.
Der Arbeitsmarkt insgesamt wird als stabil beschrieben, jedoch zeigt ein Branchenvergleich deutliche Anzeichen eines Strukturwandels, der negative Folgen für die Beschäftigten und den Wohlstand mit sich bringen könnte. Erdal Tahta, Betriebsratsvorsitzender bei ZF in Koblenz, kritisiert das Sparprogramm seines Unternehmens, das bis 2028 14.000 Stellen abbauen will. Diese Entscheidung wurde mit der schwierigen Marktsituation in der Automobilbranche begründet, die durch einen erhöhten Konkurrenzdruck von chinesischen Autobauern noch verstärkt wird. Auch andere Zulieferer, wie Bilstein und Ronal, sind von Stellenabbau betroffen. Die Schließung des Produktionsstandortes von Michelin in Trier wird ebenfalls als weiteres alarmierendes Zeichen gewertet, wie tagesschau.de berichtet.
Ein langfristiger Trend
Die Deindustrialisierung gilt als langfristiger Trend, der schon seit Jahrzehnten in Deutschland zu beobachten ist. Wirtschaftsfachmann Jens Südekum beschreibt die aktuelle Situation nicht als konjunkturellen, sondern als strukturellen Wandel. Steigende Energiekosten, hohe Bürokratie, der Fachkräftemangel und die alternde Bevölkerung sind nur einige der Faktoren, die die deutsche Industrie belasten. Der ifo-Geschäftsklimaindex zeigt eine Verschlechterung der Stimmung in der Wirtschaft, und das Bundeswirtschaftsministerium spricht von einer Stagnation und einem Rückgang der Industrieproduktion.
Hinzu kommt, dass die Unsicherheit über die zukünftige Energieversorgung Investitionsentscheidungen der Unternehmen bremsen könnte. Laut einer Umfrage des DIHK bewerten 62 Prozent der 3.100 befragten Unternehmen die Geschäftslage in Nordamerika positiv, während nur 32 Prozent planen, in der Eurozone zu investieren. Hohe Energiepreise sind nicht der einzige Grund für diesen Abwanderungstrend. Die Nähe zu Rohstoffen und Absatzmärkten spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle. Die gängigen energieintensiven Branchen, wie Nahrungsmittel, Papier und chemische Produkte, machen 81,7 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs der Industrie aus und kämpfen mit hohen Energiekostenanteilen.
Zusammenfassend zeigt sich, dass die Entwicklungen in der deutschen Industrie besorgniserregend sind. Es ist nicht nur eine Frage des aktuellen, sondern auch des zukünftigen Wohlstands des Landes. Um den Herausforderungen der Deindustrialisierung begegnen zu können, betonen Experten die Notwendigkeit einer realistischen Strategie zur Verbesserung der Energieversorgung und zur Verringerung von Bürokratie, um Unternehmen in einem unsicheren Marktumfeld besser unterstützen zu können, wie in wirtschaftsdienst.eu dargelegt.