
Am 31. Januar 2025 bereitet sich das Staatsschauspiel Dresden auf eine besondere Inszenierung vor, die in den Tagen um den 80. Jahrestag der Bombardierung der Stadt große Beachtung finden wird. Das Stück „Der Komet“, nach dem gleichnamigen Roman von Durs Grünbein, wird am 24. Januar 2025 uraufgeführt. Es beleuchtet das Leben der Protagonistin Dora Wachtel, die 1936 nach Dresden zieht und 1945 die Luftangriffe überlebt. Die Inszenierung, unter der Regie von Tilmann Köhler, versteht sich als „sanfte Konfrontationstherapie“ und kann als Teil einer umfangreichen literarischen Reihe zu den Erinnerungen an den Nationalsozialismus betrachtet werden.
Die Geschichte von Dora Wachtel, die in der Erzählung Grünbeins verwoben ist, spiegelt die gesellschaftlichen Veränderungen und die brutale Realität des Nationalsozialismus wider. Durs Grünbein zielt darauf ab, die Erlebnisse seiner Großmutter nicht nur zu erzählen, sondern auch zu hinterfragen. In seinem Werk beschreibt er, wie Dora, die in einer schwierigen Kindheit auf dem Land geboren wurde, schließlich mit 16 Jahren nach Dresden zieht, wo sie Oskar Wachtel heiratet. Während die 1930er Jahre in der Ehe der beiden als „goldene Zeit“ gelten, überschattet der politische Aufstieg des Nationalsozialismus das Leben der Familie. Grünbein thematisiert die Verfolgungen und die Mobilisierungen im Krieg, die Dora oft als Naturereignisse wahrnimmt.
Erinnerungen von der Vergangenheit
Die Bühne des Theaterstücks repräsentiert symbolisch die Stadt Dresden: eine Schräge aus Holzplatten veranschaulicht die Elbe und die verschiedenen Stadtteile. Rote Markierungen auf dieser Fläche symbolisieren die Zerstörung jüdischer Geschäfte und die Bedrohungen durch die Bombardierung. Das Ensemble, bestehend aus sieben Schauspielern in schwarz-weißen Kostümen, wechselt in seinen Rollen schnell und verzichtet bewusst auf technische Hilfsmittel wie Video oder Nebelmaschinen. Diese Entscheidung stellt die Körperlichkeit und die Sprache der Schauspieler in den Vordergrund, um die emotionalen und physischen Auswirkungen des Krieges unmittelbarer zu demonstrieren.
Grünbeins Buch beschreibt nicht nur die persönliche Schicksale, sondern verbindet auch die familiäre Erzählung mit der Geschichtsschreibung Dresdens und der nationalsozialistischen Gesellschaft. Ein zentrales Motiv ist die Entfremdung der Charaktere von ihrem eigenen Leben, was im Theaterstück aufgegriffen und durch die Inszenierung thematisiert wird. Die Figuren werden mit der Unfähigkeit konfrontiert, über ihre traumatischen Erlebnisse zu kommunizieren— ein Spiegel der gesellschaftlichen Unruhe im nationalsozialistischen Deutschland.
Ein Aufruf zur Reflexion
Das Stück endet mit einer Spiegelwand, die das Publikum reflektiert und zur Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte auffordert. Die Inszenierung fordert die Zuschauer auf, über die Gewalt und Zerstörung nachzudenken, die vor den Bomben herrschten. Diese Reflexion wird besonders relevant, wenn man bedenkt, dass der Tag der Bombardierung in der Gesellschaft immer noch ideologisch umkämpft ist. Die vom Regisseur Tilmann Köhler inszenierte Geschichte verlangt von den Zuschauern nicht nur die Betrachtung von Vergangenheit, sondern auch eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Erinnerungskultur.
In der Zusammenarbeit der Städtischen Bibliotheken Dresden, des Dresdner Geschichtsvereins e.V. und des Staatsschauspiels Dresden wird das Stück „Der Komet“ Teil einer Literaturreihe zu den 80 Jahren seit 1945 sein, die zwischen Januar und Mai 2025 stattfindet. Diese Serie umfasst vier Abende mit verschiedenen literarischen Formaten, die die Erinnerungen an den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg beleuchten.
Für weitere Informationen über die Veranstaltungen rund um das Stück und die literarische Reihe empfehlen sich die Webseiten der Anbieter. Detaillierte Informationen zur Veranstaltung finden sich bei den Städtischen Bibliotheken Dresden sowie im Artikel über Gespeilte Erinnerung und den zitierten Erinnerungen von Durs Grünbein.