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Canisius-Kolleg: Betroffene fordern Gerechtigkeit nach Missbrauchsskandal

Im Canisius-Kolleg in Berlin fordert eine Betroffeneninitiative die Aussetzung der Verjährung für sexuelle Missbrauchsentschädigungen. 15 Jahre nach Aufdeckung des Skandals bleibt viel unklar.

Im katholischen Canisius-Kolleg in Berlin wurden über Jahrzehnte hinweg Schüler sexuell missbraucht. Anlässlich des 15. Jahrestages der Aufdeckung des Missbrauchsskandals fordern die betroffenen ehemaligen Schüler eine Aussetzung der Verjährung für die Entschädigungsansprüche. Matthias Katsch, ein markanter Vertreter der Überlebenden, berichtete von systematischem sexuellem Missbrauch und ritualisierter Gewalt in den 1980er Jahren. Erst 2010 erfuhr Katsch von weiteren ehemaligen Schülern, die ähnliche traumatische Erfahrungen gemacht hatten.

Die Täter wurden häufig an andere Schulen versetzt, während die katholische Kirche über deren Neigungen informiert war. Pater Klaus Mertes, der 1994 an die Schule kam, war eine prägende Stimme für die Betroffenen; er hörte ihnen zu, entschuldigte sich öffentlich und schrieb einen relevanten Brief an rund 600 Schüler. Diese Schritte lösten eine Welle von Meldungen über Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen aus.

Aufarbeitung und Entschädigung

Die Initiative „Eckiger Tisch“, gegründet von den Betroffenen, setzt sich intensiv für die Aufarbeitung der Vergehen ein. Die katholische Kirche reagierte zunächst mit einer pauschalen Entschädigungsangebote von 5.000 Euro, die später auf einen Durchschnitt von 20.000 Euro angehoben wurden. Dennoch wird der Begriff „Entschädigung“ von der Kirche vermieden, und direkte Verhandlungen mit den Betroffenen wurden verweigert. Katsch kritisierte zudem die finanzielle Situation der Kirche und zog Vergleiche zu den Entschädigungen in Irland und den USA.

Generalvikar Manfred Kollig betonte die Schwierigkeiten, den erlittenen Schaden in Geld zu beziffern. Trotz der Einführung von Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung zukünftiger Missbrauchsfälle empfinden Katsch und andere Betroffene diese als unzureichend. Zur Vorbereitung einer Pressekonferenz anlässlich des Jahrestages der Aufdeckung des Skandals haben sie sich erneut getroffen.

Prävention und Gegenwart

Das Canisius-Kolleg hat seither ein umfangreiches Präventionsprogramm implementiert, in das Kinderschutzvereine sowie Vertrauenspersonen einbezogen werden. Lehrer erhalten entsprechende Fortbildungen, und es gibt Notfallpläne, um Missbrauch zu verhindern. Schulleiterin Gabriele Hüdepohl äußerte sich über die Schockwellen, die nach der Bekanntwerdung der Vorfälle im Kollegium ausgelöst wurden; einige Lehrer forderten Aufklärung, während andere um ihre Stellen und den guten Ruf der Schule bangten.

Die Strategie der Schule bestreitet nicht die Geschehnisse der Vergangenheit, betont jedoch, dass diese Vorfälle lange zurückliegen. Heute haben viele Schüler Vertrauen in die Institution und sind zuversichtlich, dass aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt wurde.

Im Kontext der Aufarbeitung sexueller Gewalt in verschiedenen Institutionen ist auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) aktiv. Hier liegt der Fokus auf einer individuellen Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. Ziel ist die Etablierung von Anerkennungszahlungen durch „Anerkennungskommissionen“. Ein Forschungsprojekt, das im Dezember 2020 gestartet wurde, analysiert die systemischen Bedingungen, die sexualisierte Gewalt begünstigen, und die Herausforderungen in der Aufarbeitung.

Wichtige Fragen bleiben im Bereich der Aufarbeitung unbeantwortet, einschließlich der Zusammenarbeit der Täter. Während Betroffene in andere Strukturen eingebunden werden sollen, bleibt zu hoffen, dass ähnliche Entwicklungen wie im katholischen Bereich auch in den evangelischen Landeskirchen stattfinden, um künftig Missbrauch wirkungsvoller zu verhindern.

Durch die fortgesetzten Bemühungen um Aufarbeitung und Prävention zeigt sich, dass das Vertrauen der heutigen Schüler an die Schulen nicht unbedingt den Schatten der Vergangenheit überstrahlt, sondern vielmehr den Wunsch nach einer offenen und transparenten Aufarbeitung mit sich bringt. Diese Bestrebungen werden von verschiedenen Seiten, einschließlich der katholischen Kirche, weiterhin kritisch begleitet und gefordert.

Referenz 1
www.rbb24.de
Referenz 2
www.deutschlandfunk.de
Referenz 3
beauftragte-missbrauch.de
Quellen gesamt
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