
Am vergangenen Wochenende wurde in zahlreichen Gemeinden des Spreewaldes die wendische Fastnacht gefeiert. Diese traditionelle Feier, die auch als Zapust bekannt ist, dient dem Brauch, den Winter zu vertreiben. Madeline Koalick, die Vorsitzende des Traditionsvereins Werben im Spreewald, erklärte, dass die Fastnacht einen markanten Punkt im Jahresablauf setzt und das Ende der winterlichen Arbeiten in der Region markiert. Diese Feierlichkeiten sind von großer kultureller Bedeutung, da sie tief in der sorbischen/wendischen Tradition verwurzelt sind.
Die Fastnacht wird in verschiedenen Gemeinden an unterschiedlichen Tagen begangen. In Werben nimmt man seit nunmehr 185 Jahren an dieser Tradition teil. Ein Höhepunkt der Feierlichkeiten ist der große Umzug, der in Trachten erfolgt. Dabei laufen unverheiratete Frauen in traditioneller Kleidung mit Haube und Männer in Anzügen durch die Straßen. Der Zug hat eine festgelegte Route, die zunächst zum Pfarrer, dann zum Bürgermeister, schließlich zum Sportverein und zum Abschluss zur Feuerwehr führt. Während des Umzugs wird getanzt, getrunken und gegessen, begleitet von zwei Kapellen, die die fröhliche Stimmung mit lauten Liedern unterstreichen. Koalick betonte, dass der Lärm, der dabei erzeugt wird, dazu dient, den Winter zu vertreiben, während die bunten Trachten den nahenden Frühling symbolisieren.
Bräuche und Traditionen
Zusätzlich zur Fastnacht wird am 25. Januar auch die Vogelhochzeit gefeiert, ein weiteres bedeutendes Winterfest der Sorben. An diesem Tag verkleiden sich die Kinder als Vögel oder tragen sorbische Hochzeitstrachten, während sie Süßigkeiten sammeln. In Cottbus wird zur heutigen Feier eine besondere Vogelhochzeit geplant, die von dem queeren Kollektiv Wakuum als Neuinterpretation des traditionellen Brauchs inszeniert wird.
Die sorbischen und wendischen Feste sind nicht nur kulturelle Höhepunkte, sondern sie sind auch an den Jahreszyklus und das bäuerliche Arbeitsjahr gebunden. Zu den wichtigen Bräuchen zählen neben der Vogelhochzeit und der Fastnacht auch Osterfeuer, Hexenbrennen und zahlreiche Erntebräuche. Diese lebendigen Traditionen wurden 2014 in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen, was ihre Bedeutung im kulturellen Erbe Deutschlands unterstreicht.
Kulturelle Vielfalt der Sorben
Die Lausitzer Sorben selbst stellen eine ethnische Minderheit dar, deren Siedlungsgebiete sich vom Süden Brandenburgs bis in den Osten Sachsens erstrecken. Ungefähr 60.000 Menschen identifizieren sich als Sorben, die über zwei Sprachen verfügen: Ober- und Niedersorbisch. Diese westslausischen Sprachen sind Teil eines reichen kulturellen Erbes, das von Literatur über Theater bis hin zu Musik reicht. Sorbische Volkslieder und charakteristische Instrumente wie der Dudelsack und die sorbische Geige spielen eine zentrale Rolle in der kulturellen Identität der Sorben.
Die Verbindung zur Heimat zeigt sich auch in der Trachtenvielfalt, die je nach Region unterschiedlich ist. Die Formen der Hauben oder die Farben der Röcke geben oft Auskunft über die Herkunft der Trägerinnen. Heimat- und Traditionsvereine, Familien und kirchliche Gemeinschaften sind maßgeblich daran beteiligt, dieses kulturelle Erbe lebendig zu halten und über Generationen hinweg weiterzugeben.
Die Sorben/Wenden in der Niederlausitz, deren Leben durch zahlreiche Bräuche geprägt ist, feiern noch etwa 30 Traditionen im Jahresverlauf. Diese Bräuche sind von regionalen Unterschieden geprägt, wobei manche Feierlichkeiten stärker in Sachsen und andere in Brandenburg verwurzelt sind. Die sorbische/wendische Fastnacht und das Hahnrupfen sind besonders in der Niederlausitz verbreitet, während das Osterreiten in der Oberlausitz große Aufmerksamkeit erhält. Diese vielfältigen Traditionen machen die sorbische/wendische Kultur zu einem wertvollen Bestandteil des deutschen Kulturerbes, das es zu bewahren gilt.