
Archäologische Forschungsprojekte liefern zunehmend faszinierende Einblicke in die Interaktion zwischen Mensch und Pflanzen über die Jahrtausende. Während üblicherweise Knochen, Keramiken und Steinartefakte zutage gefördert werden, sind Pflanzenreste wie Pollen und Samen seltener belegt. Doch genau diese Reste können entscheidende Informationen über die Lebensweise prähistorischer Kulturen liefern. Eine internationale Forschungsgruppe entnahm 2022 Sedimentproben aus der Höhle „Aghitu drei“ in Armenien, die vor 40.000 Jahren von Menschen bewohnt war. Aus diesen Proben identifizierte man 43 verschiedene Pflanzenarten, die vermutlich als Nahrungsmittel, aber auch als Aroma- oder Farbstoffe verwendet wurden. Laut Remszeitung beschreibt Robert N. Spengler, ein Archäobotaniker am Max-Planck-Institut, die Arbeit seiner Forschungsgruppe als einen tiefen Einblick in die Mensch-Pflanze-Beziehungen der Vergangenheit.
Die Forschungsgruppe in Jena hat sich insbesondere auf archäobotanische Untersuchungen in weniger erforschten Gebieten Zentralasiens konzentriert. An unterschiedlichen Fundorten, beispielsweise in den Höhlen von Obishir-5 und Surungur, wird untersucht, welche Pflanzen in prähistorischen Gesellschaften kultiviert und genutzt wurden. Spengler und sein Team analysieren nicht nur Pflanzenreste, sondern auch Holz- und Holzkohleproben, um die Rolle von Baumkultivierung und das vorherrschende Ökosystem zu verstehen. Zum Beispiel werfen aktuelle Studien einen Blick auf die kulturelle Entwicklung entlang der Seidenstraße, die als wichtiger Handelsweg diente und starke soziale und wirtschaftliche Netzwerke hervorbrachte. Die Projekte fokussieren sich zudem auf die Ursprünge bekannter Obstsorten und die Entwicklung mehrjähriger Pflanzen, um die Erkenntnisse über die menschliche Ernährung und Landwirtschaft zu erweitern.
Der Einfluss der Landwirtschaft auf soziale Strukturen
Ein zentrales Anliegen von Spengler ist das Verständnis der Auswirkungen der landwirtschaftlichen Intensivierung auf soziale Strukturen lokaler Gemeinschaften. Historischen Überlieferungen nach existierten die ersten Ackerbauern in Brandenburg bereits um 5300 v. Chr., zu einem Zeitpunkt, als heimisches Getreide rar war. Es ist bemerkenswert, dass die Zuwanderer aus dem Nahen Osten Pflanzen wie Emmer, Erbsen und Lein nach Europa brachten. Diese Migration markierte einen Wendepunkt, der auf eine tiefgreifende Veränderung der Ernährung und der Kultur hindeutet. Die früheren Jäger-Sammler-Gesellschaften in dieser Region lebten vor etwa 10.000 Jahren und ernährten sich primär von Haselnüssen, Beeren und Seerosen. Zucker und Salz spielten in dieser Zeit keine Rolle oder waren äußerst selten, was den Alltag und die Essgewohnheiten stark beeinflusste.
Die Analyse von Pflanzelementen aus verschiedenen archäologischen Kontexten hilft den Forschern dabei, die erst vor wenigen Jahrhunderten etablierten Landwirtschafts- und Handelspraktiken besser zu verstehen. Die Entwicklungsanforderungen und Bedingungen in verschiedenen Regionen verdeutlichen die Unterschiede im Umgang mit pflanzlichen Ressourcen. In einem gemeinsamen Projekt untersucht Spengler die Ursprünge der Lebensmittel und die sozialen Dynamiken, die durch landwirtschaftliche Praktiken gefördert wurden. Auch der anthropogene Einfluss auf die Ökosysteme Zentralasiens wird tiefgehender analysiert, um die lange Geschichte der entsprechenden Landschaftsveränderungen zu dokumentieren.
Archäobotanische Dienstleistungen und Forschung
Neben der akademischen Forschung bietet Effenberger Archäobotanik umfassende Dienstleistungen in der Archäobotanik an. Diese umfassen Beratung, Probenentnahmen sowie diverse Analysen, wie die Bestimmung von Makroresten sowie Holz- und Holzkohleanalysen. Ziel dieser Untersuchungen ist es, die menschliche Pflanzennutzung in verschiedenen geschichtlichen Phasen zu beleuchten. Über das Entnehmen von Bodenproben hinaus sind auch detaillierte Auswertungen der gefundenen Pflanzenreste mithilfe modernster Mikroskope notwendig, um präzise Aussagen über frühere Landwirtschaft und Nahrungsaufnahme zu treffen.
Insgesamt zeigt sich, dass die Archäobotanik nicht nur einen Blick in die Vergangenheit ermöglicht, sondern auch entscheidende Hinweise auf die Entwicklung von Zivilisationen gibt. Durch die Kombination historischer Daten mit modernen Analysemethoden können Wissenschaftler das komplexe Zusammenspiel von Mensch und Natur besser verstehen. Die derzeit laufenden Projekte in Zentralasien sind dabei besonders vielversprechend, werden sie doch die kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen dieser Region detailliert beleuchten und deren Entwicklungen über die Jahrhunderte dokumentieren.