
Der juristische Streit um den Autoverkehr in der Schildower Straße, gelegen im Hermsdorfer Waldseeviertel, spitzt sich zu. Mehrere Anwohner, unterstützt vom Verkehrswende-Verein Changing Cities, haben Klage gegen das Bezirksamt Reinickendorf eingereicht. Ihr Ziel ist klar: Die Durchfahrt für Pendler durch dieses Wohngebiet soll per Gerichtsurteil untersagt werden.
Die Kläger fordern, dass das Land Berlin durch das Bezirksamt tätig wird, um den Kfz-Verkehr in der Schildower Straße und der Elsestraße zu unterbinden. Aufgestellt werden sollen spezielle „Modalfilter“, bestehend aus Pollern oder Pflanzenkübeln, die den Zugang von Autos zu den Wohngebieten versperren. Diese Maßnahmen sollen die Anwohner vor der gesundheitlichen Beeinträchtigung durch Verkehrslärm und Abgase schützen und ein Recht auf Ruhe und Sicherheit gewährleisten.
Hintergrund der Klage
Die Klage ist eine Reaktion auf die verkehrspolitischen Entscheidungen der Bezirksregierung. Nach einem Gesprächsangebot der Verkehrsstadträtin Julia Schrod-Thiel (CDU), das nach den Wahlen im Februar 2023 abgelehnt wurde, sahen die Anwohner keinen anderen Ausweg, als vor Gericht zu ziehen. Zuvor hatte die Bezirksverordnetenversammlung 2020 einen Versuch zur Verkehrsberuhigung einstimmig unterstützt, doch seither bleibt die Umsetzung aus.
„Über 6.000 Kfz fahren täglich durch die Wohnstraßen im Waldseeviertel, wobei rund 90 Prozent des Verkehrs als Durchgangsverkehr zu identifizieren sind“, erklärt ein Sprecher von Changing Cities. Dieser Verkehr wird insbesondere von der überlasteten Bundesstraße B96 in die Wohngebiete geleitet, da diese an ihre Kapazitätsgrenzen stößt. Die Schildower Straße sei in Spitzenzeiten deutlich überlastet und nicht für solch einen starken Verkehr ausgelegt.
Laut ADFC stellen modale Filter eine effektive Lösung zur Verkehrsberuhigung dar. Diese Filter sollen unerwünschten Durchgangsverkehr aus Wohn- und Nebenstraßen fernhalten, um mehr Platz für die Anwohner zu schaffen. Auch die geplanten Maßnahmen in Berlin orientieren sich an Best-Practice-Beispielen internationaler Städte, die ähnliche Probleme erfolgreich gelöst haben.
Verkehrsbelastung und Gesundheitsrisiken
Ein erstaunlicher Befund ist die Durchschnittsgeschwindigkeit von 44 km/h in Wohngebieten, wobei die Höchstgeschwindigkeit in einer Tempo-30-Zone während Spitzenzeiten gar bis zu 93 km/h erreicht. Dies stellt eine ernsthafte Gefahr für die Anwohner dar.
Die geplante Sanierung der Schildower Straße könnte zudem das Durchfahrverbot für Lkw über 3,5 Tonnen nach der Sanierung aufheben, was die Situation weiter verschärfen würde. Bewohner empfinden dies als Zumutung und kämpfen seit Jahren gegen diese negative Entwicklung in ihrem Wohnviertel.
Die kommenden Gerichtsentscheidungen werden entscheidend sein. Die Aussicht auf verbindliche Regelungen für Kiezblocks oder Superblocks könnte nicht nur die Verkehrssituation im Waldseeviertel erheblich verbessern, sondern auch zu einem Vorbild für andere Stadtteile in Berlin werden.