
In Deutschland hat sich das Klima gegenüber der Presse in den letzten Jahren erheblich verschärft. Besonders betroffen sind Lokaljournalisten, die häufig mit Bedrohungen und Gewalt konfrontiert werden. Grit Baldauf, eine Lokaljournalistin, wurde vor kurzem persönlich bedroht, als ein ehemaliger AfD-Stadtrat auf Facebook äußerte, er wolle sie bei einer Stadtratssitzung in Freiberg bespucken. Solche aggressive Handlungen sind kein Einzelfall, sondern Alltag für Medienschaffende in Sachsen und Thüringen. Laut einer aktuellen Untersuchung des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) sind die Bedrohungserfahrungen von Journalisten in diesen Regionen alarmierend.
Die Studie „Lokaljournalismus unter Druck“ analysiert das Sicherheitsempfinden und die Bedrohungserfahrungen von Journalisten und kommt zu dem Schluss, dass insbesondere Mandatsträger und außerparlamentarische Akteure offen medienfeindlich auftreten. Das Ergebnis zeigt, dass die Zahl der Übergriffe gegen Journalisten im Jahr 2024 mehr als doppelt so hoch war wie in den Vorjahren, was die Sorgen um die Pressefreiheit in Deutschland verstärkt. Baldauf und ihr Team sichern solche Bedrohungen und bringen sie zur Anzeige, wenn ein Tatbestand vorliegt. Aktuell läuft ein Verfahren zu diesem Vorfall.
Bedrohung durch extrem rechte Akteure
Die politischen Verhältnisse in Deutschland haben sich laut den jüngsten Wahlergebnissen ebenfalls verschoben, was eine Zunahme der Unterstützung für extrem rechte Parteien zur Folge hat. Lokaljournalisten stehen verstärkt Mandats- und Funktionsträgern gegenüber, die Medienfeindlichkeit als Teil ihrer politischen Strategie nutzen. Dies resultiert in einer erhöhten Gefährdung für Medienschaffende, besonders bei Versammlungen und Veranstaltungen. Private Bedrohungen sowie Einschüchterungen sind mittlerweile an der Tagesordnung. Die Nähe zu extremen Akteuren erschwert es vielen Lokalen, Berufliches und Privates in Einklang zu bringen.
Die ECPMF-Studie beleuchtet nicht nur die subjektiven Bedrohungserfahrungen, sondern zeigt auch die strukturellen Herausforderungen, vor denen Lokaljournalisten stehen. Dazu gehören Personalmangel, hohe Arbeitsbelastung und knappe finanzielle Ressourcen. Diese Faktoren erschweren eine tiefgehende Auseinandersetzung mit der extremen Rechten und führen dazu, dass Journalisten in ihrer Berichterstattung oft zögern. Die Themen, die oft kritisiert oder als Ursache für Missstände bei unpopulären Nachrichten ausgelegt werden, beinhalten unter anderem die Migrationspolitik und die Corona-Pandemie.
Unterstützung und Resilienz
Trotz dieser schwierigen Rahmenbedingungen zeigen viele Lokaljournalisten eine hohe Resilienz. Zu den positiven Erlebnissen berichten die Befragten von einem offenen Umgang mit Bedrohungsthemen und einer gegenseitigen Unterstützung innerhalb der Redaktion. Arbeitgeber und Sicherheitsbehörden haben seit der Zunahme von Übergriffen Schutzmaßnahmen eingeführt, um die Sicherheit ihrer Mitarbeiter zu gewährleisten. Andreas Lamm, Geschäftsführer des ECPMF, unterstreicht die Wichtigkeit des Lokaljournalismus für die Demokratie und fordert, dass Pressefreiheit stärker geschützt werden muss.
Die Herausforderungen für Lokaljournalisten in Sachsen und Thüringen sind gravierend, und die ECPMF erwartet, dass diese Bedrohungen auch in Zukunft bestehen bleiben. Es ist entscheidend, dass die öffentliche Aufmerksamkeit verstärkt wird und dass Unterstützungsangebote für diese wichtige Berufsgruppe ausgeweitet werden.
Für weitere Informationen zu dieser Thematik verweisen wir auf die Berichte von MDR, ECPMF und Spiegel.