
Christoph Johnen, Leiter der Internationalen Zusammenarbeit des Deutschen Roten Kreuzes, besuchte kürzlich Syrien und berichtete von gemischten Gefühlen der Erleichterung und wachsenden Unsicherheit unter den Menschen nach dem Sturz des Assad-Regimes. Die anhaltenden Fragen zur politischen Zukunft des Landes sowie den Herausforderungen beim Wiederaufbau und dem Umgang mit der neuen islamistischen Übergangsregierung stehen nun im Vordergrund. Diese Situation erfordert dringende internationale Diskussionen, die am vergangenen Donnerstag in Paris stattfanden, so Süddeutsche Zeitung.
Diese Konferenz war bedeutend, da sie das dritte Treffen seit dem Sturz von Assad darstellt und das erste unter der Trump-Administration. Anwesend waren hochrangige Vertreter aus den USA, die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, sowie Delegationen aus der Türkei, arabischen Staaten, dem Libanon, Jordanien, der UN und der EU. Besonders bemerkenswert war der erstmalige Besuch eines Vertreters der syrischen Übergangsregierung in der EU seit der Machtübernahme durch die Hayat Tahrir al-Sham (HTS) in der Region.
Internationale Unterstützung und Herausforderungen
Wladimir Putin telefonierte derweil mit dem neuen syrischen Machthaber Ahmed al-Sharaa und bot Unterstützung für die Souveränität Syriens an. In diesem Kontext betonte Emmanuel Macron die Notwendigkeit, sowohl die Souveränität als auch die Sicherheit Syriens zu gewährleisten und eine repräsentative Regierung zu etablieren.
Die Herausforderungen der humanitären Hilfe und des wirtschaftlichen Wiederaufbaus sind enorm. Baerbock wies auf die Mammutaufgabe hin und die Dringlichkeit, die Verbrechen der Assad-Diktatur aufzuarbeiten. Gleichzeitig hat die EU seit 2011 Sanktionen gegen Syrien verhängt, die sich gegen das Regime richten, wobei Syrien noch immer eines der am stärksten sanktionierten Länder der Welt ist.
Wirtschaftliche Perspektiven und menschliche Tragödien
Die wirtschaftlichen Folgen des Konflikts sind verheerend. Syrien benötigt schätzungsweise zwischen 250 und 1 Billion US-Dollar für den Wiederaufbau, während die Ölproduktion dramatisch von 368.000 Fass pro Tag im Jahr 2010 auf nur 25.000 Fass pro Tag im Jahr 2019 gesunken ist. Die offizielle Wechselkursrate lag bei 515 Pfund pro Dollar, und die Arbeitslosenrate beläuft sich auf erschreckende 43,5 Prozent (2019).
Die Flüchtlingskrise ist ebenfalls alarmierend, mit etwa 3,6 Millionen Syrern in der Türkei, 900.000 im Libanon und 650.000 in Jordanien. In den letzten Jahren haben die syrischen Exporte um 92 Prozent abgenommen, und die UN schätzten über 100.000 Todesopfer in Gefängnissen. Diese humanitäre Krise wird durch gesetzliche Maßnahmen wie das Gesetz Nr. 10 von April 2018, das Enteignungen im Rahmen des Wiederaufbaus ermöglicht, es noch komplizierter.
Johnen warnt, dass ein Stillstand in der aktuellen Situation ein Vakuum für unerwünschte Akteure schaffen könnte. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die internationale Gemeinschaft zusammenarbeitet, um die sozialen und politischen Herausforderungen zu bewältigen, bevor es zu einem neuen Konflikt kommt, so SWP Berlin.