
Mark Carney, der ehemalige Gouverneur der Bank von Kanada und der Bank von England, hat seine Kandidatur für die Nachfolge von Justin Trudeau als kanadischer Premierminister und Chef der Liberalen Partei angekündigt. Der 59-Jährige erhofft sich, Kanada noch weiter zu verbessern, und erklärte, es sei das beste Land der Welt. Allerdings unterstrich er auch, dass noch Potenzial für Verbesserungen bestehe. Diese Ankündigung folgt auf Trudeaus Rücktritt, den dieser am 6. Januar publik machte, nachdem er in der eigenen Partei an Rückhalt verloren hatte. Trudeau wird bis zur Wahl eines neuen Parteivorsitzenden am 9. März im Amt bleiben.
Carneys Erfahrung ist bemerkenswert: Er hat nicht nur an der Wall Street gearbeitet, sondern auch Kanada während der Finanzkrise 2008 als Zentralbankchef vor den schlimmsten Folgen bewahrt. Unter seiner Führung wurde er der erste Nicht-Brite an der Spitze der Bank of England seit deren Gründung 1694. In den kommenden Tagen wird Carney seine Entscheidung über die Kandidatur im engsten Familienkreis abwägen. Beobachter betonen, dass ein klarer Kontrast zwischen Carney und Trudeau notwendig ist, um die Unterstützung der Wähler zurückzugewinnen.
Politische Herausforderungen und Opposition
Die politischen Umstände sind derzeit angespannt. Der neue Parteivorsitzende könnte der Regierungschef mit der kürzesten Amtszeit in der Geschichte Kanadas werden, da die Opposition plant, die liberale Minderheitsregierung nach der Wahl am 24. März mit einem Misstrauensantrag zu Fall zu bringen. Umfragen deuten darauf hin, dass die oppositionellen Konservativen die nächste Wahl gewinnen würden. Pierre Poilievre, der Führer der konservativen Partei, hat Carney bereits scharf kritisiert. Er verband ihn mit den Problemen der Trudeau-Administration und nannte ihn abfällig „Carbonsteuer-Carney“, anspielend auf die umstrittene CO₂-Steuer der Trudeau-Regierung.
Carney ist derzeit Vorsitzender von Brookfield Asset Management und bleibt ein führender Berater der Trudeau-Regierung, wo er eine Arbeitsgruppe zum Wirtschaftswachstum leitet. Doch die Unterstützung für Trudeaus Regierung hat in jüngster Zeit abgenommen, insbesondere in den Bereichen Einwanderung, Lebenshaltungskosten und Wohnraumerschwinglichkeit. Kritiker warnen zudem, dass Carneys Ansatz zur Regulierung im Hinblick auf den Klimawandel möglicherweise nicht ausreicht.
Regulierung und Klimawandel
Mark Carney hat als UN-Sondergesandter für Klimaschutz und als Leiter der Glasgow Financial Alliance for Net-Zero (GFANZ) agiert. Dennoch ist seine Vorgangsweise umstritten. Während er Freiwilligkeit bei der Offenlegung von Daten befürwortet, warnen Kritiker, dass diese Initiativen nicht die erforderlichen Ergebnisse liefern. Carney hat auch Bedenken geäußert bezüglich eines Gesetzes, das Finanzinstitute verpflichten würde, ihre Portfolios an den Emissionszielen Kanadas auszurichten. Solche Positionen könnten sich als problematisch erweisen, wenn Carney das Vertrauen der Wähler gewinnen möchte.
Die politische Landschaft wird durch die Option einer weiteren möglichen Kandidatur von Chrystia Freeland, der ehemaligen Finanzministerin, kompliziert. Sie gilt als ernst zu nehmende Mitbewerberin, um den Stimmenanteil der Liberalen bei den nächsten Wahlen zu steigern.
Auf dem Weg zur Wahl könnte Carney, trotz seiner Verbindungen zur Unternehmensfinanzierung, beweisen müssen, dass er unabhängig von diesen ist. Aktuellen Umfragen zufolge könnte die Unterstützung für ihn als Trudeaus Nachfolger begrenzt sein, da viele Wähler Veränderungen wünschen, die über ein bloßes Fortführen bestehender Politiken hinausgehen.
In den letzten Monaten hat Carney nur begrenzte Bekanntheit im Land erzielt. Eine Umfrage des Angus Reid Institute ergab, dass lediglich 11 Prozent der Kanadier Carney als bevorzugten Kandidaten zur Nachfolge Trudeaus sehen. Mit einem wachsenden Druck in der Partei und der ausbleibenden Unterstützung durch die Wählerschaft wird es entscheidend sein, wie Carney und andere potenzielle Kandidaten auf die aktuellen politischen Herausforderungen reagieren.
Die kommenden Wochen versprechen also, entscheidend für die Zukunft der Liberalen Partei in Kanada zu werden. Rems Zeitung, National Observer und Investment Week halten die politische Konkurrenz und die Entwicklungen genau im Auge.